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Anlage zu GD 312-19

                                    
                                        Anlage zu GD 312/19

Wohnungsdebatte < 2019 > - Teil 2
Sitzung des Gemeinderates
am 16. Oktober 2019
Vorlage

Anlagen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.

Übersicht geplante Baugebiete und Bauvorhaben bis 2030
Auswertung der Bautätigkeit der letzten 10 Jahre
Antrag Nr. 19 / 19 der CDU-Fraktion
Antrag Nr. 24 / 19 der SPD-Fraktion
Antrag Nr. 46 / 19 der CDU-Fraktion
Antrag Nr. 54 / 19 der CDU-Fraktion
Antrag Nr. 82 / 19 der CDU-Fraktion
Antrag Nr. 110 / 19 der SPD-Fraktion
Leitlinien für die strategische Wohnungsnotfallhilfeplanung in Ulm Matrix Wohnungsnotfallhilfe
Zusammenfassung der Konzeptbausteine der Konzeptionellen Weiterentwicklung der
Wohnungsnotfallhilfe in Ulm

-1-

INHALTSVERZEICHNIS

1.

Einleitung ...................................................................................................................... 2
1.1.
1.2.
1.3.

2.

Bevölkerungs- und Wohnbaustatistik ......................................................................... 6
2.1.
2.2.
2.3.
2.4.
2.5.

3.

Ausgangslage ........................................................................................................... 2
Tabellarische Übersicht der Beschlüsse von 2017 - Umsetzung ................................... 3
Zusammenfassung der Fachbereichsausschusssitzung Juli 2019/ Wohnungsdebatte
Teil 1 ........................................................................................................................ 4

Bevölkerungsentwicklung ......................................................................................... 6
Wanderungsbewegungen ......................................................................................... 7
Wohnungsbau.........................................................................................................11
Öffentlich geförderter Wohnungsbau .......................................................................12
Baufertigstellungen 2017 bis 2019 - Ausblick Wohnungsbau 2030 ...........................14

Quantitätssicherung ....................................................................................................17
3.1.
3.2.
3.3.

Innenentwicklungspotenziale - Entwicklung von Einzelvorhaben ...............................17
Baulücken ...............................................................................................................18
Reserven Flächennutzungsplan .................................................................................18

4.

Ergebnisse Expertengespräch "Wohnungsbau in Ulm".............................................20

5.

Wohnen für verschiedene Bedarfsgruppen ...............................................................22
5.1.
5.2.

6.

Konzeptionelle Weiterentwicklung der Wohnungsnotfallhilfe in Ulm ....................26
6.1.
6.2.
6.3.
6.4.

7.

Wohnangebote für Familien, Senioren und Haushalte mit niedriger Kaufkraft ...........22
Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung................................................24

Unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen .........................................27
Von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen..........................................................30
Ehemals von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen .............................................37
Zielgruppenübergreifende Angebote und Maßnahmen .............................................38

Verfahren bei der Vergabe stadteigener Grundstücke ..............................................42
7.1.
7.2.

Konzeptvergabe Safranberg .....................................................................................42
Baugruppen ............................................................................................................43

8.

Fazit und Ausblick........................................................................................................46

9.

Anträge ........................................................................................................................48
9.1.
9.2.
9.3.
9.4.
9.5.
9.6.

Antrag Nr. 19 / 19 der CDU-Fraktion ........................................................................48
Antrag Nr. 24 / 19 der SPD-Fraktion .........................................................................48
Antrag Nr. 46 / 19 der CDU-Fraktion ........................................................................51
Antrag Nr. 54 / 19 der CDU-Fraktion ........................................................................51
Antrag Nr. 82 / 19 der CDU-Fraktion ........................................................................53
Antrag Nr. 110 / 19 der SPD-Fraktion .......................................................................53

-2-

Sachdarstellung
1.

Einleitung

1.1.

Ausgangslage
Am 10.05.2017 ist im Ulmer Gemeinderat – nach 2011 – wieder ein umfassender
Bericht zur Ulmer Wohnungsdebatte beraten worden (GD 163/17, Vorberatung GD
090/16). Die Beschlüsse haben damals den Planungshorizont 2017 bis 2021 umfasst.
Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:


Grundsatzbeschluss zum Bau von 3.500 Wohneinheiten (WE) in den Jahren 2017
bis 2021



Überarbeitung der „Richtlinien für die Errichtung von preisgünstigem Wohnraum
zur Miete“ (vgl. GD 227/13) – 30 % öffentlich geförderter Wohnungsbau



Im Zuge der Modifizierung der o.g. Richtlinien den Anteil großer 4-ZimmerWohnungen von 33 % auf 15 % zu verringern und zur Förderung
preisgünstigen Wohnraums den erhöhten städtischen Standard zur
Barrierefreiheit auf Grund der mittlerweile weiterentwickelten gesetzlichen
Vorgaben aufzuheben



Die Vergabe von Grundstücken verstärkt an den sozialen, funktionalen und
inhaltlichen Konzepten der Bieter auszurichten. Die Verwaltung erarbeitet hierfür
gebietsbezogen städtebauliche und nutzerorientierte Rahmenvorgaben.



Beibehaltung der Nutzungsmischung (20 %iger Wohnanteil) für Büro- und
Geschäftsgebäude in der Kernstadt (Beschluss gültig seit 20.11.2012)



Beibehaltung des Beschlusses, dass in Neubaugebieten in den Ortsteilen 50 %
aller verfügbaren Grundstücke an nicht in den jeweiligen Ortschaften ansässige
Interessenten aus Ulm oder außerhalb vergeben werden (Beschluss gültig seit
11.05.2011)



Reservierung von Bauplätzen für genossenschaftliches Bauen und Baugruppen in
den städtischen Neubaugebieten



Erarbeitung von Realisierungskonzepten für die Innenentwicklungsschwerpunkte
„Alter Eselsberg“, „Wiblingen-Süd“ und „Böfingen-Steige“

Das Thema Wohnen ist weiterhin eine der drängendsten kommunalpolitischen
Aufgabenstellungen. Der anhaltend starke Zuzug nach Ulm, steigende Geburtenzahlen
und seit vielen Jahren eine kontinuierliche Zunahme an Arbeitsplätzen in Ulm
generieren eine sehr hohe Nachfrage nach (insbesondere bezahlbaren) Wohnungen.
Hierzu stehen der Stadt Ulm in quantitativer und qualitativer Hinsicht die folgenden
Instrumente zur Verfügung:
Schaffung von Bauland für 700 WE pro Jahr:


Steuerung des Angebotes an städtischen Grundstücken über die Ulmer
Bodenpolitik / ggf. Beschleunigung der Planungsprozesse



Schaffung von Baurecht im Zuge der Innenentwicklung



Erschließung neuer Baugebiete

-3-

Schaffung von preisgünstigem Wohnraum zur Miete:


Richtlinien zum preisgünstigen Wohnungsbau



Konzeptionelle Weiterentwicklung der Bereitstellung von Wohnraum für
besondere Zielgruppen/ Wohnungslosen

In den letzten Jahren ist im Rahmen der Wohnungsdebatte regelmäßig über den
Umsetzungsstand der Bereitstellung von Wohnraum für besondere Zielgruppen
berichtet worden (letztmalig im März 2016, GD 090/16). Der Fachbereichsausschuss
Bildung und Soziales hat die entsprechenden Beschlüsse hierzu gefasst (letztmalig am
18.02.2014, vgl. GD 013/14).
Im Laufe der Wohnungsdebatte hat sich die Verwaltung entschlossen, die beiden
Themenblöcke in einer fachbereichsübergreifenden Vorlage zusammenzufassen, um
das Thema Wohnen für alle Bevölkerungsgruppen innerhalb der Stadtgesellschaft
gesamthaft zu behandeln.
Es soll hierdurch unterstrichen werden, dass Wohnen immer ein städtebauliches und
soziales Thema ist.
Am 16.07.2019 ist im Fachbereichsausschuss Stadtentwicklung, Bau und Umwelt
bereits der erste Teil der Wohnungsdebatte 2019 vorgestellt und beraten worden (vgl.
GD 252/19). Im Teil 1 der Wohnungsdebatte ging es insbesondere um die
Mietpreisentwicklung und die Entwicklung der Immobilienpreise in den letzen 15
Jahren.
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse kann der Ziffer 1.3 entnommen werden.

1.2.

Tabellarische Übersicht der Beschlüsse von 2017 - Umsetzung
Beschluss

Umsetzung

Bemerkungen

Ausführlich
unter Ziffer:

3.500 WE im Zeitraum 2017
bis 2021

nein

484 WE in 2017 u. 439 WE in
2018 (WE in neuen Gebäuden)

2.5

Voraussichtlich 3.000 WE im
Zeitraum 2017 bis 2021
Hiervon ca. 70 Bauplätze im
Einfamilienhausbereich

ja

122 WE in 2017 u. 103 WE in
2018 (WE in neuen Gebäuden)

2.5

Anhebung der Quote von
20% auf 30%, für
geförderten Wohnraum zur
Miete

ja

(gem. Wohnflächenverordnung
des Landeswohnraumförderprogramms)

2.4

Aufhebung der Richtlinie, alle
dem Geschosswohnungsbau
zugeführten Wohnungen
barrierefrei zu errichten

ja

Begründung: Anforderungen
der Landesbauordnung zur
barrierefreien Erreichbarkeit
von Wohnungen wurden
verschärft

-4-

Der Anteil großer
Wohnungen (4-ZimmerWohnungen und größer)
muss mind. 15 % der
Wohnfläche betragen

ja

(gem. Wohnflächenverordnung
des Landeswohnraumförderprogramms), Realisierung
vorrangig im geförderten
Bereich

Vergabe von städtischen
Grundstücken verstärkt an
verschiedene soziale,
funktionale und inhaltliche
Qualitäten der baulichen
Konzepte der Bieter
auszurichten.

ja

Umsetzung "Konzeptvergabe
Safranberg" und "Ulmer
Vergabe" im
Einfamilienhausbereich

7.1

Umsetzung des Konzeptes
"Drehscheibe Wohnen"

ja

Wurde wie beschlossen
umgesetzt

6.4

Tabelle 1:

Übersicht der Beschlüsse 2017
Darstellung: SUB II

1.3.

Zusammenfassung der Fachbereichsausschusssitzung Juli 2019/
Wohnungsdebatte Teil 1
Kaufpreisentwicklung
Die Preissteigerungen von 2009 bis 2017 liegen beim Neubau bei ca. 73 % und bei
Bestandswohnungen im Verkauf bei ca. 97 %. Im Neubau lag die Preissteigerung allein
im Jahr 2018 bei rund 12 %.

Abbildung 1:

Entwicklung der Preise für Eigentumswohnungen im Neubau und
Wiederverkauf
Quelle: Grundstücksmarktbericht, Gutachterausschuss für die Ermittlung von
Grundstückswerten in Ulm

-5-

Mietpreisentwicklung
Auf Grundlage der ALP-Studie "Analyse der Mietstruktur der Stadt Ulm" lässt sich
folgendes für den Ulmer Mietwohnungsmarkt zusammenfassen:


Der Wohnungsmarkt in der Stadt Ulm wird durch ein großes und kleinteilig
strukturiertes Mietwohnungssegment geprägt.



Ca. 1/3 des Bestandes aller Mietwohnungen ist im Besitz von Bestandshaltern
mit einer moderaten Mietpreispolitik.



Preissteigerungen sind vor allem bei kleinen (bis 50 m²) und großen (ab 80 m²)
Wohnungen zu verzeichnen, unabhängig von Bestands- oder
Neubauwohnungen.



Seit 2007 haben sich die Mieten privater Vermieter um 46,2 % verteuert. Heute
liegt der durchschnittliche Mietpreis bei 10 €/m² nettokalt (Angebotsmiete).
=> Die Mietpreisentwicklung ist durchaus mit den Zahlen des ZIAFrühjahrsgutachten zu vergleichen.



Moderatere Mietpreissteigerungen sind hingegen bei den lokalen
Bestandshaltern (UWS, uh) zu verzeichnen. 2018 lagen die Neuvertragsmieten
bei 6,80 €/m2 kalt. Im Vergleich zu privaten Vermietern ist die Miete pro m² um
durchschnittlich 3,20 €/m² günstiger.



=> vergleicht man die absoluten Mietpreisentwicklung seit 2007 bis 2018
verteuerte sich der Quadratmeter bei privaten Wohnungseigentümer um
3,16 €/m² und bei lokalen Bestandshaltern um 2,16 €/m².
=> Im Ergebnis wirkt sich die moderate Mietpreispolitik der
kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen
dämpfend auf den Ulmer Wohnungsmarkt aus.

-6-

2.

Bevölkerungs- und Wohnbaustatistik

2.1.

Bevölkerungsentwicklung
Der positive Trend der Bevölkerungsentwicklung hat sich auch 2017/18 fortgesetzt.
Hinsichtlich der für Ulm bestehenden Bevölkerungsvorausrechnung (vgl. GD 163/17)
kann festgestellt werden, dass sich der starke Zuzug von EU-Bürgern und Nicht EUBürgern aus den letzten Jahren nicht in gleicher Weise fortgesetzt hat.
Im Gegensatz zu den Jahren 2013-2017, in denen der Bevölkerungszuwachs zwischen
1499 und 1644 Einwohnern lag, nahm die Bevölkerung 2018 lediglich um 613
Personen auf 126.984 Einwohner zu (Abb. 2).

140000
139000
138000
137000
136000
135000
134000
133000
132000
131000
130000
129000
128000
127000
126000
125000
124000
123000
122000
121000
120000
119000
118000
117000
116000

138.932

133.469

128.139

126.984

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Szenario - MAX

Abbildung 2:

Szenario - MITTEL

Szenario - MIN

Ist-Entwicklung

Bevölkerungsentwicklung 2009 bis 2018 und -vorausrechnung bis
zum Jahr 2030 (erstes Vorausrechnungsjahr: 2016)
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV
Quelle: Fortschreibung der Bevölkerungsvorausrechnung, Häusser, Oktober 2016

Durch die starke Bevölkerungszunahme der letzten Jahre wurden jedoch die
prognostizierten Einwohnerzahlen für 2016 - 2018 bereits übertroffen (Abb. 2).
Vergleicht man die Bevölkerungsentwicklung der Gesamtstadt im Verhältnis zur
Kernstadt (Weststadt, Mitte und Oststadt), kann festgestellt werden, dass es dort in
den 2000er Jahren einen prozentual größeren Bevölkerungszuwachs gab, als in der
Gesamtstadt. Dies hängt offensichtlich mit der erhöhten Bautätigkeit in den Stadtteilen
Weststadt und Mitte zusammen.
Ein leichter Rückgang des Bevölkerungszuwachses in der Kern- sowie in der
Gesamtstadt ist für die Jahre 2017 und 2018 zu verzeichnen.

-7-

Dennoch ist es grundsätzlich positiv zu werten, dass im bestehenden Stadtgebiet viele
neue Wohnungen hinzukommen, da die hier zuziehenden Bewohner eine bestehende
soziale und technische Infrastruktur vorfinden. Auf Grund der größeren Wohndichte in
der Kernstadt wird durch diese Entwicklung dem Leitbild der Stadt der kurzen Wege
entsprochen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird erleichtert,
Einkaufsmöglichkeiten und Haltestellen des ÖPNV sind zu Fuß erreichbar.

2,5
2,25
2
1,75
1,5
1,25
1
0,75
0,5

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

-0,25

1988

0

1987

0,25

-0,5
-0,75
-1
-1,25
-1,5
-1,75
-2
Veränderung in % Gesamtstadt

Abbildung 3:

Veränderung in % Kernstadt

Prozentuale Zu- und Abnahme der Einwohner Gesamtstadt /
Kernstadt
Hinweis zur Abbildung: Die Kernstadt umfasst die statistischen Stadtteile
„Weststadt“, „Mitte“ und „Oststadt“
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV

2.2.

Wanderungsbewegungen
Betrachtet man die Wanderungsbewegungen der letzten acht Jahre, kann für Ulm
folgendes festgestellt werden:
Innerhalb des 15-km Radius ist - über alle Altersgruppen gesehen - in Bezug auf die
Umlandgemeinden durchgängig eine Abwanderung zu verzeichnen.
Im Einzugsgebiet zwischen 15 und 30 km sind hingegen - insgesamt gesehen Wanderungsgewinne nach Ulm hin zu verzeichnen. Die einzigen Ausnahmen bilden
hierbei mehrere Gemeinden entlang der B 30, wie die Stadt Laupheim. Aufgrund der
schnellen Verkehrsanbindung können größere Distanzen in derselben Zeit wie im 15km Radius zurückgelegt werden (Abb. 4).

-8-

Generell gesehen scheint jedoch die 15 Km-Entfernung zur Stadt Ulm eine
Pendlerdistanz zu sein, die von vielen Menschen noch als attraktiv angesehen wird (vgl.
Abb. 4).

Abbildung 4:

Wanderungen Gesamt, 2013 - 2017
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV

-9-

Betrachtet man die Wanderungsbewegungen in den verschiedenen Altersklassen ergibt
sich das folgende, differenzierte Bild:
Wegzug von Familien
Wanderungsverluste ins nähere und weitere Umland generieren sich hauptsächlich aus
der Abwanderung von Familien mit Kindern (vgl. Abb. 5).In den Jahren 2013 - 2017 ist
der Wegzug von durchschnittlich 176 Kindern im Alter von 0-9 Jahren bzw.
schätzungsweise 100 Familien pro Jahr registriert worden (Tab. 2, und Abb. 5).
Bildungswanderung
Die Einwohnergewinne im 30-km Radius resultieren dagegen vor allem aus der
Bildungswanderung junger Erwachsener (18 - 25 Jahren), die während der Ausbildung
oder des Studiums nach Ulm ziehen (vgl. Abb. 6). Insgesamt betrug das positive
Wanderungssaldo zwischen 2013 und 2017 4728 Personen.
Betrachtet man insgesamt die Entwicklung des Wanderungssaldos der letzten Jahre,
kann festgestellt werden, dass die Wanderungsverluste ins Umland (15 km-Umkreis)
von Ulm dennoch kontinuierlich abgenommen haben und auf dem niedrigsten Stand
seit 2010 stehen (vgl. Tab. 2).

2010
15 km-Umkreis (alle
Altersgruppen)
restliches BadenWürttemberg (alle
Altersgruppen)
Kinder 0-9 / Gesamt.
Bundesgebiet (alle
Nationalitäten)
Kinder 0-9 / Gesamt.
Bundesgebiet (deutsche
Staatsangehörigkeit)

Tabelle 2:

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

-317

-347

-503

-292

-242

-327

-292

-171

565

505

468

738

653

1.455

1.126

731

-98

-109

-157

-141

-16

131

-15

3

-127

-148

-222

-203

-195

-177

-201

-138

Wanderungsbilanz Familien mit Kindern 2010-17
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV

2010
Summe ADK und
Landkreis Neu-Ulm
Summe übriges
Baden-Württemberg
Summe übriges Bayern
Summe übriges
Bundesgebiet
Summe Ausland und
unbekannt

Tabelle 3:

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

-175

-282

-496

-147

-132

-301

-272

-426

565
44

505
46

468
28

738
20

653
71

1.455
81

1.126
80

731
125

555
-352

194

49

-34

175

101

155

177

273

127

-23

320

402

267

688

244

306

665

406

Wanderungsbilanz Alb-Donau-Kreis (ADK) & Kreis Neu-Ulm,
Bundesländer BW & Bayern, Bundesgebiet, Ausland von 2010-18
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV

- 10 -

Abbildung 5:

Wanderungen Familien mit Kindern (Altersgr. 0-18), 2013 - 2017
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV

Abbildung 6:

Wanderungen Altersgruppe 18-25, 2013 - 2017
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV

- 11 -

Wohnungsbau
Die Baufertigstellungszahlen der letzten 15 Jahre in Ulm zeigen, dass nach einem
moderaten Bauvolumen Anfang der 00er Jahre und einem "historischen Tiefstand" in
den Jahren 2008 und 2009 die Bauwirtschaft wieder an Fahrt aufgenommen hat. Vor
allem im Bereich der Baugenehmigungen gab es in den letzten Jahren deutliche
Zuwächse: 2018 lag der Wert der genehmigten Wohneinheiten bei 669 und damit
ebenso hoch wie im Jahr 2015.
Im Gegensatz zu den erteilten Baugenehmigungen sind die Baufertigstellungszahlen
von 2016 bis 2018 auf ähnlichem Niveau geblieben. Die Zielgröße von durchschnittlich
700 WE / a (GD 090/16) ist damit nicht erreicht worden. Die Gründe hierfür sind
vielseitig und werden unter Kapitel 2.5 näher beschrieben.
Die Zahl der fertigstellten Wohnungen im Geschosswohnungsbau ist weiterhin auf
einem hohen Niveau. Grundsätzlich ist ein Zuwachs an großen Wohnungen (ab 3Zimmer-Wohnungen) verbucht worden. Vor allem der Anteil an 4- und mehr-ZimmerWohnungen ist 2018 so stark wie nie zuvor gestiegen.
Vergleicht man die Gesamtentwicklung und die Entwicklung der 3-ZimmerWohnungen auf der einen Seite mit der Entwicklung der 4- und mehr-ZimmerWohnungen, kann festgestellt werden, dass der Beschluss zum Bau großer
Wohnungen wirkt und dies einen direkten Erfolg der Wohnungsdebatte 2011
(GD 144/11) darstellt. Seit 2014 sind kontinuierlich hohe Fertigstellungsraten in diesem
Segment zu verzeichnen.

Geschosswohnungen gesamt

davon 3-Zimmer-Wohnungen

davon 4- und mehr-Zimmer-Wohnungen

Abbildung 7:

Fertigstellungszahlen im Geschosswohnungsbau
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

500
475
450
425
400
375
350
325
300
275
250
225
200
175
150
125
100
75
50
25
0

2001

2.3.

- 12 -

700

673

650

670
669

648

600
560

585

550

549
511 492

500

Wohnungen

450
405

400

362

350

341
334

300

298

267 240

250

426
398

377
340

333

316

323
318 299

294
271
224

234

200
150

161

203

193
133

142

100

141

157

50
0
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Baufertigstellungen Wohneinheiten

Abbildung 8:

Baugenehmigungen Wohneinheiten

Wohnbaufertigstellungen und Baugenehmigungen in Ulm 2001
bis 2018
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: BD IV

2.4.

Öffentlich geförderter Wohnungsbau
Der Anteil der geförderten Wohnungen am Gesamtwohnungsbestand in Ulm liegt
derzeit bei 3,09 % (Stand 31.12.2018). Im Vergleich zu den 80er Jahren ist dieser
Anteil stark zurückgegangen. Damals waren noch knapp 10.000 Wohnungen in der
öffentlichen Wohnraumförderung. Der Anteil betrug damals noch ca. 33 %. Ein
Großteil dieser Wohnungen ist bis heute aus der Bindung ausgeschieden. Ein Großteil
der 1934 geförderten Wohnungen (Stand 31.12.18) ist bis heute noch im Besitz
kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen. Die Mieten sind hier in
der Regel nur geringfügig angehoben worden. Gleiches gilt für einen großen Teil der in
den letzten Jahren aus der Mietpreisbindung herausgefallenen Wohnungen. Auch
dieser steht daher in erheblichem Umfang der Versorgung mit preiswertem Wohnraum
zur Verfügung.
Obwohl bis 2020 noch weitere Wohnungen aus der öffentlichen Förderung
herausfallen, kann in den Folgejahren, auf Grund der geänderten Richtlinien zum
preisgünstigen Wohnungsbau, erstmals wieder mit einem Anstieg geförderter
Wohnungen gerechnet werden (Abb. 8). Der prognostizierte Anteil wird sich von 1716
WE im Jahr 2020 auf voraussichtlich 2300 WE im Jahr 2025 erhöhen.

- 13 -

5.500
5.250
5.000

Anzahl geförderter Wohneinheiten

4.750
4.500
4.250
4.000
3.750
3.500
3.250
3.000
2.750
2.500
2.250
2.000
1.750
1.500
1.250
1.000
1999

2004

2009

2015

2020

2025

davon öffentlich geförderte Wohnungen inkl. prognostizierten Neubau
davon öffentlich geförderte Wohnungen ohne Neubau

Abbildung 9:

Wohnbaufertigstellungen und Baugenehmigungen in Ulm 2004
bis 2018
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: SUB I

- 14 -

Böfingen
Eselsberg
Jungingen
Mitte

540
1000
40
300

270 (Rest)
650
40
200

davon
geförderte
WE bis 2025
54
285*
12
60

Mitte
Mitte
Oststadt
Oststadt
Oststadt
Söflingen
Söflingen
Weststadt
Weststadt
Weststadt

135
27
450
300
78
195
40
800
450
71

135
27
330 (Rest)
300
78
195
40
406
260
71

27**
8
99***
90
32****
61
24
121
78
21

Weststadt
Wiblingen
Wiblingen

75
28
24
4553

75
28
24
3129

74
10
7
1063

Stadtteil

Projektname

Lettenwald
Am Weinberg
Ehmannstraße
Abstellgruppe Ost
"Gleisharfe"
Karlstraße / Neutorstraße
Karlstraße / Syrlinstraße
Klinkum Safranberg
Messe Parkplatz
Schwamberger Hof
Gummi-Welz-Areal
Gärtnerei Ensslin
Dichterviertel
Egginger Weg
Kässboher Straße /
Söflinger Straße
Warndstraße uh
Kemptener Straße
Wiblinger Hart
S umme

Tabelle 4:

Anzahl der
WE gesamt

geplante WE
bis 2025

Projekte mit Anteilen geförderter Wohneinheiten bis 2025
Hinweis: Werte nach städtischen Richtlinien berechnet (30% Quote),
Änderungen der Summe aufgrund des Realisierungszeitraums vorbehalten
*:
**:
***:
****:

Anteil geförderter Wohneinheiten bei 30-40%
Wohneinheiten im Programm "Preisgünstiger Wohnraum"
Vergabeverfahren Safranberg (mind. 30% Anteil, ggf. höher)
Anteil geförderter Wohneinheiten bei 40%

Auswertung und Darstellung: SUB II

2.5.

Baufertigstellungen 2017 bis 2019 - Ausblick Wohnungsbau 2030
Das Thema Wohnen bleibt weiterhin eine der drängendsten kommunalpolitischen
Aufgaben. Der anhaltend starke Zuzug nach Ulm, steigende Geburtenzahlen und seit
vielen Jahren eine kontinuierliche Zunahme an Arbeitsplätzen generieren eine sehr
hohe Nachfrage nach (bezahlbaren) Wohnungen.
Dies verdeutlicht auch die aktuell veröffentlichte Bevölkerungsvorausrechnung des
Statistischen Landesamtes, die für den Stadtkreis Ulm mit 5,8% bis 2035 die höchste
Bevölkerungszunahme unter den Baden-Württembergischen Kreisen
prognostiziert.1Alleine dieser Umstand rechtfertigt das hohe Engagement, um mehr
Menschen das Leben in der Stadt Ulm zu ermöglichen.

1

Diese Zahlen decken sich in etwa mit der Ulmer Vorausrechnung. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass
keine dieser Zahlen auf einer Prognose „im klassischen Sinne“ beruht. Die natürliche
Bevölkerungsentwicklung kann sehr gut vorausgesagt werden. Im Endeffekt kann aber die wirtschaftliche
Entwicklung von Ulm und der Region nicht seriös für die nächsten 10 bis 15 Jahre prognostiziert werden.
Zum größten Teil hängen aber hiervon die so genannten Wanderungsgewinne ab.

- 15 -

Außerdem wird die Fertigstellung der Neubaustrecke Ulm-Stuttgart die Attraktivität der
Stadt Ulm als Wohnstandtort und für Unternehmensansiedlungen weiter erhöhen.
Im Zuge der Wohnungsdebatte 2016 (GD 090/16) wurde daher die Erhöhung der
Baufertigstellungen auf 700 WE/a für fünf Jahre sowie die zukünftige Entwicklung
weiterer Baugebiete in der Stadt Ulm beschlossen.
Dies stellt eine große Herausforderung für die Bauwirtschaft, die Investoren und
Projektentwickler aber auch für die Stadtverwaltung dar. Aufgrund von komplexen
Planungs- und Realisierungsabläufen gab es in den vergangenen Jahren vor allem in
den großen Ulmer Baugebieten Verzögerungen um ca. 2 bis 3 Jahre. Die daraus
resultierenden Anpassungsmaßnahmen hatten zur Folge, dass 2017 und 2018 die
Zielgröße von durchschnittlich 700 WE/a nicht erreicht wurde. Gleiches gilt
voraussichtlich für das Jahr 2019.
Dennoch wird im Ergebnis bezogen auf die 5 Jahre 2017 bis 2021 aller
Voraussicht nach eine Baufertigstellungszahl von 3.000 WE erreicht.
Erst ab dem Jahr 2020 wird eine steigende Zahl an Baufertigstellungen verbucht
werden können (Abb. 6). Ein Großteil der Bauvorhaben wird von der UWS, der Ulmer
Heimstätte sowie Bauträgern und Privatinvestoren getätigt. Parallel dazu erfolgt der
Hochbaubeginn Am Weinberg, sowie die weitere Erschließung im Baugebiet
Safranberg und Egginger Weg. Im Dichterviertel werden der dritte und vierte
Bauabschnitt begonnen. Zudem wird 2021 das Baugebiet am Lettenwald vollständig
aufgesiedelt sein.
Ab dem Jahr 2022 liegen die geplanten Baufertigstellungen jährlich bei knapp 740 bis
850 WE, davon werden ca. 650 -720 WE in der Innentwicklung umgesetzt (Abb. 10).
Diese erhöhte Fertigstellungsrate lässt sich auf die zeitliche Verschiebung mehrerer
Baugebiete zurückführen. Ggf. kann über die Grundstücksvergabe entsprechend
„nachgesteuert“ werden.

1000
853

900

782

800
700
600
500

108

655

745

765

90

107

90

580
155

694

194

200

600
533

484

159
708

674

300

694

156

142

400
200

145

807

717

655

500

438

210

658
444

500

494

374

100

274

0
2019

2020

2021

2022

2023

2024

Innenentwicklung (in WE)

Abbildung 10:

2025

2026

2027

2028

Außenentwicklung (in WE)

Baufertigstellungen differenziert nach Innen- und
Außenentwicklung, 2019 - 2030
Auswertung und Darstellung: SUB II, Stand Juli 2019

2029

2030

- 16 -

1000

853

900

782

800

66

700

580

67
655

807
61

745

765

62

77

51

600
400
495

200

71

104

533
92

716

300

694

74

85

500

600

694

786
604

746

683

688
526

623

484
73

590
441

411

100
0
2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030
Geschosswohnungsbau

Abbildung 11:

Einfamilienhäuser

Baufertigstellungen differenziert nach Geschosswohnungs- und
Einfamilienhausbau, 2019 - 2030
Auswertung und Darstellung: SUB II, Stand Juli 2019

Zudem werden mittelfristig weitere Baugebiete wie zum Beispiel das




Gummi-Welz-Areal,
die Abstellgruppe Ost ("Gleisharfe") und
das Areal Messeparkplatz

realisiert, bzw. planerisch in Angriff genommen. Die dazugehörigen
Fertigstellungszahlen sind bereits bis 2030 eingestellt.
Langfristige Potentiale
Des Weiteren wird die Verwaltung in einem der nächsten Fachbereichsausschüsse
Stadtentwicklung, Bau und Umwelt, dem Gemeinderat den Beschluss zur Entwicklung
des Baugebiets Kohlplatte vorlegen. Das Baugebiet Kohlplatte ist bereits ab 2026 mit
500 WE in den geplanten Baufertigstellungen eingestellt.

- 17 -

3.

Quantitätssicherung

3.1.

Innenentwicklungspotenziale - Entwicklung von Einzelvorhaben
Der Schwerpunkt der Innenentwicklung wird in den kommenden Jahren auf dem
Geschosswohnungsbau liegen. In diesem Segment können bis 2025 rund 4.300
Wohnungen entstehen (vgl. Abb. 10). Im Einfamilienhausbau soll das Niveau der
letzten Jahre zwischen (50 - 70 WE/a) beibehalten werden (vgl. Abb. 11). Insgesamt
wird das Verhältnis von Innen- zu Außenentwicklung, die Zahl der Wohneinheiten
betreffend, bis 2025 bei ca. 84: 16 liegen.
Ein Großteil aller Wohnungsbauprojekte der Innenentwicklung wird in fußläufiger
Entfernung zu bestehenden ÖPNV-Linien sowie Nahversorgungszentren liegen. Im
Zuge der Realisierung einzelner Bauvorhaben werden soziale Einrichtungen wie Kitas
ertüchtigt, erweitert oder neu gebaut. Dies geschieht bspw. im 1. BA des Baugebiets
"Am Weinberg" (UWS) und im "Postdörfle" (GWO).
Ein weiterer Vorteil liegt in der optimalen Auslastung existierender
Infrastruktursysteme, wie der Fernwärme. Einerseits senkt der Anschluss an bestehende
Netze die Herstellungskosten, anderseits lassen sich dadurch zukünftige Folgekosten
deutlich reduzieren. Die kommunalen Mehreinnahmen aus der Entwicklung von
Wohngebieten im Innenbereich, wie Grundsteuer oder Einkommenssteuer, werden
trotzdem erzielt.
Der bereits begonnene Entwicklungsschub in der Kernstadt ("Weststadt", "Mitte" und
"Oststadt") wird bis 2025 anhalten. Neben den großen Ulmer Baugebieten werden
hier ca. 1/3 aller Wohnungsbauprojekte realisiert. Darunter fallen rund 25 Vorhaben
mit einem geplanten Volumen von ca. 2100 WE. Die überwiegende Anzahl dieser
Projekte sind bereits heute in Planung bzw. in Realisierung.
Des Weiteren wird die städtebauliche Entwicklung entlang der Linie 2 vorangetrieben.
Am Eselsberg wird auf dem Areal der ehemaligen Hindenburgkaserne das Baugebiet
"Am Weinberg" entwickelt. Am Kuhberg wird zeitlich versetzt mit dem Baugebiet
"Egginger Weg“ begonnen. Weiterhin ist geplant, das Konversionsgebiet
"Bleidornkaserne" zu entwickeln. Dies hängt jedoch mit dem Schließungszeitpunkt der
Liegenschaft zusammen. Nach aktuellem Stand wird die Bundeswehr den Standort
voraussichtlich 2025 aufgeben. Dies hängt jedoch mit Anpassungsmaßnahmen am
Standort Ulm zusammen (Stand: 01.08.2019).2
Darüber hinaus wurde die Verwaltung mit Beschluss der Wohnungsdebatte 2016 (GD
090/16) beauftragt, weitere Gebiete entlang der Straßenbahnlinie 2 hinsichtlich
Wohnungsbau zu untersuchen. Die Ergebnisse für den Eselsberg sollen im Oktober /
November im Fachbereichsausschuss Stadtentwicklung, Bau und Umwelt vorgestellt
werden.
Schlussendlich bedeutet Innenentwicklung, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den
verschiedensten Belangen zu finden und diese zu berücksichtigen. Dies bedeutet auch,
dass sich bestehende Stadtquartiere verändern. Diese Entwicklung kann aber auch
dazu genutzt werden, die Bestandssituation im Gebiet dauerhaft zu verbessern, um auf
diese Weise die Bewohner "mitnehmen" zu können.
Im Zuge der stadtklimatologischen Untersuchung wurde eine Grundlage erarbeitet, um
die Entwicklung einzelner Bereiche auch unter diesem Gesichtspunkt zu beurteilen.

2

Internetabruf vom 08.08.2019 auf der Internetseite der Bundeswehr, unter
https://www.bundeswehr.de/resource/resource/S1p0S1dmOEFQSjZUMTN6OGZZS2x3OG90KzZqeD
dFN1JuOFRCQk4xcHJlLzAxRnU2Mm1mekQxSjhUL2ZIQk9udnlGYWVYMm9COFRqTVFWWVkrTkUx
WDFNMHVmRWhUcUszdFdZeU9QWVVOUE09/20190802_schliessung_liegenschaften.pdf

- 18 -

Innenentwicklung bedeutet des Weiteren:


weniger Flächenverbrauch im Außenbereich



Wiedernutzung bereits bebauter Flächen



Aufwertung bestehender Quartiere



Implementierung Ökologischer Standards (Klimaschutz/ -anpassung)

Eine wichtige Grundlage hierfür bildet die Aufstellung sog. integrierter
Stadtteilentwicklungskonzepte. Derzeit wird unter Einbeziehung der Wiblinger
Einwohner das "Stadtteilentwicklungskonzept Wiblingen" (STEK-Wiblingen) erarbeitet.
Der Abschluss ist für Ende 2020 vorgesehen.
3.2.

Baulücken
Im Baulückenkataster der Stadt Ulm sind derzeit ca. 200 Baulücken verzeichnet. In den
letzten 10 Jahren hat die Bebauung von Baulücken auf Grund der „Flucht ins
Betongold“ stark zugenommen. Es wurden rund 710 WE fertiggestellt.
Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Baulückenschließungen in den nächsten
Jahren abnimmt, da die potentiellen Flächenreserven weniger werden. Um das
bestehende Niveau der letzten Jahre beizubehalten, müssten die verbliebenen
Potenziale aktiv gemanagt werden. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Nachfrage nach
Bauplätzen in der Stadt vermehrt über den Ulmer Immobilienmarkt abgewickelt wird
und Privatinvestoren, Projektentwickler und anderen Gesellschaften Baulücken
bebauen.

3.3.

Reserven Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan Ulm stellt u.a. die geplanten Außen- und
Innenentwicklungspotenziale dar. Regelmäßig wird der FNP durch den
Nachbarschaftsverband auf noch verfügbare Flächen überprüft. Ende 2010 wurde eine
erste Zwischenbilanz (vgl. GD 332 / 2010) und 2017 der zweite Zwischenbericht (vgl.
GD 191/17) vorgestellt. Für die Wohnungsdebatte 2019 hat die Verwaltung den
Zwischenbericht für die Stadt Ulm aktualisiert.
Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass ein Erfordernis zur Gesamtfortschreibung
des Flächennutzungsplans für die Stadt Ulm zumindest kurz- bis mittelfristig nicht
besteht. Von den ursprünglich fast 300 ha ausgewiesenen Wohnbauflächen wurden
bis 2018 knapp 45 % aufgesiedelt und es befinden sich zur Zeit ca. 9 % der Flächen in
der Realisierung. Somit liegen die Wohnbaulandreserven immer noch bei 140 ha oder
46 % der 2002 ausgewiesenen Flächen. Die Verwaltung wird die erfolgreiche
strategische Bodenbevorratung in diesen Gebieten und darüber hinaus auch in
einzelnen Bereichen mit perspektivischer Bauerwartung intensiv fortsetzen.
Wohnbaulandentwicklung
Die Steuerung der Wohnbaulandentwicklung ist eine zentrale Aufgabe der
Flächennutzungsplanung. Der Bedarf an Wohnbauflächen ist wiederrum abhängig von
der Bevölkerungsentwicklung und den Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt.
Hieraus und aus dem vorhandenen Innenentwicklungspotenzial ergibt sich der
Wohnbauflächenbedarf.
Der Gesamtbedarf an neuen Wohneinheiten wurde bei der Aufstellung des FNP 2010
wie folgt ermittelt:

- 19 -

Wohnungsbestand
1995 WE
Ulm

51.792

Tabelle 5:

Wohnungsbedarf in WE wegen:
Bev.Entw.

Verring.
WE-Beleg.

3.430

Bedarfsstau

4.910

1.140

Ersatzbedarf

Mobilit.Reserve

Summe

1.030

330

10.840

Wohnungsbestand 1995 und Wohnungsbedarf bis 2010
Auswertung und Darstellung: SUB II - Datenquelle: Erläuterungsbericht FNP
2010, S. 20

Die Wohnungsentwicklung betreffend zeigt sich, dass der ursprünglich für 2010 prognostizierte Bedarf an neuen Wohnungen erst 2018 realisiert worden ist. Allerdings ist
festzustellen, dass deutlich mehr als die Hälfte der realisierten Wohneinheiten nicht in
neuen Baugebieten auf der „grünen Wiese“, sondern durch Maßnahmen der
Innenentwicklung (Baulückenschließung, Nachverdichtung, Wiedernutzbarmachung
von Flächen, Umbau) entstanden ist.
Dieses Potential ist bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans unterschätzt worden.
Für die Stadt Ulm ist seinerzeit ein Innenentwicklungspotenzial von rund 1.500 WE
angesetzt worden.
Rückblickend kann jedoch festgehalten werden, dass sich die Bedarfsprognose mit
einer hohen Genauigkeit bestätigt hat.
Die aktualisierte Flächenbilanz zur Wohnbaulandentwicklung zeigt auf, dass die für
eine Entwicklung neuer Baugebiete im Außenbereich zur Verfügung stehenden
Flächen3 zu ca. der Hälfte baulich entwickelt worden sind. Vor sieben Jahren lag der
Wert bei ca. einem Drittel.

FNP 2010

Aufsiedlung bis 2018

Gemeinde

Ulm

in Realisierung

Reserve

ha

WE

WE

ha

ha in
%

WE

ha

ha in
%

WE

ha

ha in
%

299,0

8.437

3.764

133,1

44,5%

506,0

26,8

8,9%

4.167

139,2

46,5%

Tabelle 6:

Wohnbaulandbilanzierung für geplante Wohnbauflächen im
Außenbereich im Nachbarschaftsverband Ulm (Stand: 2016)
Auswertung und Darstellung: SUB II

Innenentwicklungspotential
Die bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes angesetzten Flächen in der
Innentwicklung sind zwischenzeitlich alle aufgesiedelt. Die größte hier ausgewiesene
Fläche war das Boelcke-Areal (Römerpark) in der Ulmer Weststadt mit ca. 500 WE.
Weitere Entwicklungsflächen sind seither dazugekommen und umgesetzt worden. Die
noch absehbaren und im Zeitraum bis 2030 zur Verfügung stehenden
Innenentwicklungspotenziale können auf der Grundlage detaillierter Untersuchungen
für die Stadt Ulm mittlerweile sehr genau abgeschätzt werden. Das Potenzial beläuft
sich auf rund 5.000 WE, dies entspricht ca. 85 ha Fläche. Die Aktivierung dieser Flächen
bis zum Jahr 2030 für den Wohnungsbau ist sehr wahrscheinlich.

3

Im FNP dargestellt als „Wohnbaufläche – Planung“.

- 20 -

4.

Ergebnisse Expertengespräch "Wohnungsbau in Ulm"
Am 10.07.2019 fand zur Evaluation der im Mai 2017 vom Gemeinerat beschlossenen
Richtlinien zum preisgünstigen Wohnungsbau ein Expertengespräch statt. Die
Bauverwaltung hatte hierzu ca. 30 lokale Akteure – Bauträger, Vertreter verschiedener
Wohnungsbaugesellschaften – und die Gemeinderatsfraktionen eingeladen.
Der Schwerpunkt der Diskussion und des Austausches lag auf der Vorgabe seitens der
Stadt, dass zur Realisierung von preisgünstigen Wohnungen mindestens 30 % der
Wohnungen - bezogen auf die Wohnfläche – als öffentlich geförderte Wohnungen
realisiert und vermietet werden müssen.
Ein wesentlicher Grund, die Richtlinien dahingehend zu ändern, lag im Rahmen der
Beschlussfassung 2017 darin begründet, dass geförderte Wohnungen aufgrund der
bestehenden Landesförderung nahezu kostenneutral errichtet und vermietet werden
können. Bei der Anwendung der bisherigen städtischen Richtlinien zur Förderung von
preisgünstigem Wohnraum zur Miete sei das nach Auffassung der Wohnungswirtschaft
nur durch eine Quersubventionierung der nicht unter diese Regelungen fallenden
Wohnungen möglich gewesen. In der Konsequenz müssten diese Wohnungen im
Endeffekt teurer vermietet werden als ohne Förderprogramm.
Es wurde intensiv diskutiert, inwiefern bei klassischen Bauträgerprojekten die folgenden
Fragestellungen für alle Seiten zufriedenstellend gelöst werden können:
1. Abverkauf von Eigentumswohnungen und Bestandshaltung von öffentlich
geförderten Wohnungen zur Miete durch den Bauträger in einem Projekt, insb.
wenn die Vermietung von Wohnungen nicht zu dessen Kerngeschäft gehört.
2. Errichtung von öffentlich geförderten Wohnungen und frei finanzierten
Wohnungen in einem Gebäude.
3. Hinweis aus dem Teilnehmerkreis: Nicht jedes Baugebiet eigne sich für die
Anwendung der wohnungspolitischen Beschlüsse (z.B. Safranberg)
zu 1.):
Zu den Fördermöglichkeiten nahm ein Vertreter der L-Bank Stellung. Er wies darauf hin,
dass es durchaus möglich sei, dass ein Bauträger die öffentlich geförderten
Wohnungen zwar de facto baut, der Förderantrag allerdings vom Käufer übernommen
wird. Insofern haben Bauträger die Möglichkeit, das sie die zur Vermietung vorgesehen
Wohnungen nicht in Ihrem Bestand halten müssen. Einen Bestand an Mietwohnungen
aufzubauen ist nicht das Kerngeschäft von Bauträgern, wobei auch diese Option
teilweise in Erwägung gezogen wird.
Zudem besteht auch die Möglichkeit, dass Bauträger die Wohnungen bzw. die
gesamten Gebäude bspw. an bestandshaltende Wohnungsbaugesellschaften
verkaufen.
Kritisch gesehen wurde seitens der Wohnungswirtschaft, dass die Bearbeitung von
Förderanträgen bei der L-Bank mehrere Monate dauert, und dies insb. beim Verkauf
dieser Wohnungen an private Dritte zu Problemen führen kann. Hier wurde von der LBank zugesichert, dass man in diesen Fällen zur Überbrückung eine so genannte
Reservierungszusage einholen kann. Auf diese Weise kann auch im Rahmen der
Projektentwicklung vor Verkauf an den späteren Eigentümer schon eine verbindliche
Zusage von Fördermitteln von der L-Bank erfolgen.

- 21 -

zu 2.):
Die hier vorgetragenen Argumente, wie z.B.:


Unterschiedliche Preise bei gleicher Bauweise und Ausstattung



Erhebliche Preisdifferenzen und Erwartungen der Bewohner



Unterschiedliche finanzielle Möglichkeiten und entsprechend divergierende
Ansprüche

sind auch aus Sicht der Verwaltung durchaus nachvollziehbar. Auch wenn es z.B. bei
der UWS erfolgreich anders gehandhabt wird und hier auch eine soziale Mischung
innerhalb eines Gebäudes erfolgt, lässt die bestehende Richtlinie zu, bei einem
Bauvorhaben, das beispielsweise aus 3 Gebäuden besteht, ein komplettes Gebäude für
den öffentlich geförderten Wohnungsbau vorzusehen und die beiden anderen
Gebäude als Eigentumswohnungen auf den Markt zu bringen. Aus Sicht der
Verwaltung ist es entscheidend, dass die Mischung im Quartier erfolgt. Dies ist hiermit
gewährleistet.
zu 3.):
Im Baugebiet Safranberg ergeben sich auf Grund der topographischen Gegebenheiten
und der städtebaulichen Vorgaben, z.B. einer sehr kleinteiligen Bebauung (teilweise
Einspänner) bezogen auf den Quadratmeter vermarktbarer Wohnfläche für Ulmer
Verhältnisse vergleichsweise hohe Grundstückskosten. Dies erschwert die Realisierung
von öffentlich geförderten Wohnungen. Dass dies aber dennoch zu stemmen ist,
haben die Ergebnisse der am Safranberg erprobten weiterentwickelten Ulmer Vergabe
gezeigt. Hier sollen Vorhaben mit teilweise über 50 % Anteil an öffentlich gefördertem
Wohnungsbau realisiert werden.
Bei den weiteren, in den nächsten 1 bis 3 Jahren auf den Markt kommenden
Wohnquartieren, wie z.B. Am Weinberg oder Egginger Weg wird dieses Verhältnis von
Grundstückspreis zu realisierbarer Wohnfläche deutlich günstiger ausfallen. Der
Safranberg muss diesbezüglich als „Sonderfall“ angesehen werden.
Wenn die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen stimmen, können auch nach
Auffassung der Bauträger öffentlich geförderte Wohnungen ohne Nachteile für den
Bauträger realisiert werden.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die im Mai 2017 beschlossenen Richtlinien
zum preisgünstigen Wohnen ohne Änderungen beibehalten werden sollen.

- 22 -

5.

Wohnen für verschiedene Bedarfsgruppen

5.1.

Wohnangebote für Familien, Senioren und Haushalte mit niedriger Kaufkraft
Der Wohnungs- und Immobilienmarkt in Ulm ist angespannt. Als Reaktion hierauf hat
das Land Baden-Württemberg die Kappungsgrenzenverordnung, die
Kündigungssperrfristverordnung und die Mietpreisbremse für Ulm in Kraft gesetzt. Die
Wirkung dieser Instrumente ist allerdings wohl vergleichsweise gering und nur sehr
schwer nachzuweisen, auch wenn im Jahr der Einführung eine kleine Unterbrechung
des starken Anstiegs der Angebotsmieten erkennbar ist. Inwieweit das auf die
Einführung der Mietpreisbremse zurückzuführen ist, kann nicht überprüft werden.
Daher verfolgt die Stadt Ulm parallel hierzu - neben der quantitativen Steigerung der
Baufertigstellungszahlen auf derzeit 700 WE pro Jahr und der zielgerichteten Vergabe
an Wohnungsbauprojekte an Akteure mit moderaten Vermietungszielen - mit der
Festlegung des 30%igen Anteils an öffentlich geförderten Wohnungen das Ziel, in
ausreichender Zahl kostengünstige Wohnungen auf den Markt zu bringen. Die
öffentlich geförderten Wohnungen können von allen Haushalten bezogen werden, die
einen Wohnberechtigungsschein vorlegen.
Daneben gibt es noch das Wohngeld als Zuschuss zur Miete für Geringverdiener.
Für Familien mit Kindern gibt es in Ulm darüber hinaus die folgende direkte bzw.
„indirekte“ Förderung:


Bereitstellung von günstigen Wohnbaulandgrundstücken



Vorteile für Familien mit Kindern im Rahmen der Grundstücksvergabe



Bevorzugung von Baugruppenprojekten bei der Vergabe von
Geschosswohnungsbaugrundstücken



Bau von großen, familienfreundlichen Wohnungen insb. im Segment des
öffentlich geförderten Wohnungsbaus (siehe Richtlinie)



L-Bank-Förderung zur Wohneigentumsbildung (einkommensabhängig)



Baukindergeld

Für Senioren gibt es im Seniorenbericht der Stadt Ulm 2018 mehrere
Handlungsempfehlungen im Bereich des Wohnens, wie z.B.:


Förderung und Realisierung von unterschiedlichen Modellen des
Seniorenwohnens in Einzel- oder Gemeinschaftsprojekten sowohl durch die
Bereitstellung von Baugrundstücken als auch bei der Revitalisierung
bestehender Wohngebiete



Seniorengerechte Planung des öffentlichen Raumes



Bei Sanierung von Wohnungen Etablierung eines quartiersbezogenen
Umsiedlungsmanagements

Von Armut bedrohte Menschen
Sowohl in den oben genannten sozialen Gruppen als auch darüber hinaus sind in Ulm
ca. 8 % der Bevölkerung auf so genannte Transferleistungen angewiesen.
Oftmals handelt es sich hierbei um Singlehaushalte. Es ist davon auszugehen, dass im
Hinblick auf die demografische Entwicklung gerade der Anteil an älteren, armen und

- 23 -

alleine lebenden Menschen (z.B. mit gebrochener Erwerbsbiografie) zunehmen wird.
Der Anteil der über 85 jährigen wird in Ulm bis zum Jahr 2030 um rund 25 % auf dann
rund 4.100 Menschen ansteigen.
Bereits heute gibt es deutliche Hinweise, dass gerade in diesem hier nachgefragten
Segment ein gewisses strukturelles Defizit besteht. Nach einer - allerdings nur
überschlägigen - Abschätzung im Rahmen der Mietpreisuntersuchung wurde ein
zusätzlicher Bedarf an kleinen, bezahlbaren 1-2-Zimmer-Wohnungen (unter 45 m2)
festgestellt (vgl. GD 252/19, ALP-Gutachten, Seite 19).
Hierauf wird in Zukunft zu reagieren sein. Die Verwaltung schlägt vor, zu prüfen,
inwieweit hier mit wohnungspolitischen Beschlüssen, zusätzlich zu den bestehenden
Instrumenten, entsprechend reagiert werden kann, oder ob die bestehenden
Beschlüsse (z.B. über die Konzeptvergabe) ausreichend sind.
Wohnungstauschbörse
Um den Wohnraumbedarf pro Person an die sich im Laufe der unterschiedlichen
Lebensphasen ergebenden Platzbedarfe bedarfsgerecht anpassen und steuern zu
können, wird immer wieder die Einrichtung so genannter Wohnungstauschbörsen
diskutiert. Die Intention dabei ist, durch Beratungs- und Serviceleistungen insbesondere
ältere, alleinstehende und oftmals in großen Wohnungen bzw. Häusern lebenden
Menschen zu einem Umzug in eine kleinere, bedarfsgerechte Wohnung zu bewegen.
Dies ist von der Idee her ein richtiger Ansatz. Es zeigt sich jedoch in der Praxis, dass das
Interesse an einer Anpassung/ Änderung der Wohnsituation nur in einem sehr geringen
Umfang gegeben ist.
Es gibt natürlich auch ohne Unterstützung von außen einige Haushalte, die die
Wohnungsgröße ihrer Lebenssituation anpassen, in dem sie z.B. nach dem Auszug der
Kinder oder bei Eintritt ins Rentenalter ihr Einfamilienhaus verkaufen. Von einer
„großen Bewegung“ oder einer Trendumkehr (Stichwort „Zurück in die Stadt“) kann
allerdings nicht die Rede sein.
Es stehen zahlreiche Beweggründe im Raum, die einem Umzug entgegen stehen:


Verkauf der eigenen Immobilie ist immer auch ein emotionales Thema



Die eigene Immobilie ist im Alter oftmals abgezahlt, d.h. das Wohnen ist, trotz
relativ hoher Energiekosten bezogen auf die Zahl der dort lebenden Personen,
unter dem Strich gesehen bezahlbar



Die Immobilienpreise in der Ulmer Kernstadt sind deutlich höher als im Umland.
Mit dem eigenen Haus im Umland kann man unter Umständen noch nicht mal
eine kleinere Wohnung in Ulm kostenneutral erwerben



Bei Mietverhältnissen zeigt sich ein ähnliches Phänomen: Bei einem Wechsel der
Mietwohnung ist derzeit in der Regel der neu zu entrichtende Mietzins pro
Quadratmeter deutlich höher als in der bestehenden, wenn auch größeren
Wohnung.

Zudem haben Initiativen in anderen Städten gezeigt, dass dort die Einrichtung von
Wohnungstauschbörsen zu nahezu keiner Resonanz geführt hat. In Stuttgart z.B. hatte
die Städtische Wohnungsbaugesellschaft (SWSG) mit insg. 17.000 Wohnungen ein
entsprechendes Beratungsangebot eingerichtet: in einem Zeitraum von drei Jahren gab
es nur drei Beratungsfälle. Das Angebot ist mittlerweile wieder eingestellt worden.
Ähnliches wird aus anderen Städten berichtet.

- 24 -

5.2.

Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung
in Ulm ist es in der letzten Zeit zu mehreren Fällen gekommen, in den Mietern durch
einen neuen Eigentümer gekündigt wurde und dies auf heftigen Protest und
Widerstand gestoßen ist. Hintergrund war in der Regel der, dass die Wohnungen
saniert, umgebaut und deutlich teurer an einen anderen Personenkreis neuvermietet
werden sollten.
Generell ist in größeren Städten festzustellen, dass durch die „Luxus“-Sanierung von
Wohnungen vor dem Hintergrund einer Gewinnmaximierung gerade in den beliebten
Altbauvierteln die Gentrifizierung auf dem Vormarsch ist.
Um diese ungewollten Tendenzen in den Griff zu bekommen, haben aktuell mehrere
Großstädte so genannte soziale Erhaltungssatzungen (auch „Milieuschutzsatzung“
genannt) beschlossen.
Die rechtliche Grundlage stellt § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB dar. Danach kann die
Gemeinde durch Satzung Gebiete festlegen, in denen zur Erhaltung der
Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der


Rückbau und die



Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung
bedürfen.

Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Zusammensetzung der
Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll.
Die Landesregierungen werden durch § 172 BauGB zudem ermächtigt, für solche
Gebiete durch eine Rechtsverordnung zu bestimmen,


dass die Begründung von Wohnungseigentum an Gebäuden, also die
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, nicht ohne Genehmigung
erfolgen darf.

In Baden-Württemberg hat die Landesregierung hiervon Gebrauch gemacht und eine
solche Umwandlungsverordnung erlassen. Da in Ulm allerdings derzeit keine
entsprechende soziale Erhaltungssatzung besteht, kann diese Rechtsverordnung für
Ulm derzeit nicht zur Anwendung kommen.
In der Wohnungsdebatte 2016 (vgl. GD 090/16) hatte die Verwaltung hierzu noch
ausgeführt, dass „derzeit keine Anzeichnen erkennbar sind, die die Aufstellung einer
entsprechenden Milieuschutzsatzung begründen bzw. erfordern würden“. Diese
Einschätzung hat sich mittlerweile dahingehend geändert, dass unter Anderem durch
die o.g. Vorgänge mittlerweile von ersten Anzeichen für einen
Verdrängungswettbewerb auszugehen ist.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Verwaltung bei Bestehen einer
Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB auch das so genannte allgemeine Vorkaufsrecht
gem. § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB an bebauten und unbebauten Grundstücken ausüben
kann.
Gesetzt den Fall, diese Voraussetzungen lägen für Ulm vor, so könnte die Verwaltung
ein entsprechendes Gebäude kaufen und an einen anderen, soziale Aspekte
verfolgenden neuen Eigentümer wieder verkaufen.
Weicht der Kaufpreis deutlich vom Verkehrswert des Grundstückes ab, kann die
Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstückes
bestimmen. Nach allgemeiner Rechtsauffassung kann dies ab einer Überschreitung des
Verkehrswerts von rund 20 % erfolgen.

- 25 -

Daher schlägt die Verwaltung vor, das Für und Wider einer solchen Erhaltungssatzung
näher zu untersuchen.
Allerdings ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Aufstellung einer entsprechenden
Satzung und insbesondere auch die Regelungen im Baugesetzbuch zum Vorkaufsrecht
eine umfangreiche und komplexe Rechtsmaterie darstellen und bei Anwendung auch
einen hohen Verwaltungsaufwand bedeuten.
Auch hier zeigen die Erfahrungen aus anderen Städten, dass die Erfolge solcher
Maßnahmen des besonderen Städtebaurechts eher verhalten einzuschätzen sind. Vor
allem werden durch solche Rahmenbedingungen aus Gründen des allgemeinen
Klimaschutzes sehr wünschenswerte Gebäudesanierungen eher gebremst. Daher wird
bei der noch anstehenden Überprüfung auch dieser Belang in die Bewertung und
Empfehlung an den Gemeinderat mit einfließen.

- 26 -

6.

Konzeptionelle Weiterentwicklung der Wohnungsnotfallhilfe in Ulm
Die angespannte Lage auf den Wohnungsmärkten in Baden‐Württemberg hat in den
letzten Jahren zu erheblichen Versorgungsproblemen für Haushalte mit
eingeschränkter Mietzahlungsfähigkeit geführt. Stark steigende Mieten, auslaufende
Bindungen im sozialen Wohnungsbau, Zuwanderung, Arbeitslosigkeit und Armut
führen dazu, dass zunehmend mehr Menschen um ein immer geringer werdendes
Angebot an preiswertem Wohnraum konkurrieren. Wohnungsnot, soziale
Ausgrenzung und auch Wohnungslosigkeit sind wieder verstärkt in das öffentliche
Bewusstsein gerückt. Die Ursachen von Wohnungsnotfällen und Wohnungslosigkeit
sind dabei eng mit dem Armutsbegriff verknüpft, da Armut zu Wohnungslosigkeit
führen kann und damit eine der gravierendsten Auswirkungen von Armut darstellt.
Andererseits steht Wohnungslosigkeit einer Beendigung von Armut entgegen.4
Ulm hält seit vielen Jahren ein differenziertes Wohnungslosenhilfesystem bereit, das
u.a. niedrigschwellig erreichbare Aufenthalts- und Beratungsmöglichkeiten,
Übernachtungsstätten und ambulante Hilfen und Einrichtungen umfasst. Die Ulmer
Wohnungslosenhilfe wurde in den letzten Jahren durch den Ausbau von
Angebotsstrukturen erweitert und auf die sehr unterschiedlichen Zielgruppen in der
Wohnungslosenhilfe ausgerichtet. So wurde zum Beispiel ein Aufnahmehaus für
Frauen in Wiblingen installiert. Mit dem Weyermannweg 9 (W9, vgl. GD 365/17, GD
335/19) wurden niedrigschwellige Übergangswohnmöglichkeiten für junge Erwachsene
geschaffen. Das Notfallwohnen wurde im Mähringer Weg ausgebaut und die
aufsuchende Arbeit wurde gestärkt.
Zwar liegt der Anteil der Wohnungslosen in Ulm nicht zuletzt aufgrund der gut
funktionierenden Strukturen nach wie vor deutlich unter dem Landesdurchschnitt. 5
Jedoch sieht sich auch Ulm mit wachsenden Herausforderungen im Bereich der
Wohnungslosenhilfe konfrontiert.
So sind die Fallzahlen in der städtischen Schuldnerberatung und Wohnraumsicherung
um 78% auf 244 Fälle in den letzten drei Jahren gestiegen.6 Die Anzahl der Personen,
die über keinen Wohnraum verfügen und ordnungsrechtlich untergebracht werden
mussten, stieg von 57 Personen in 2017 auf bislang insgesamt 144 Personen in 2019
(Stand September 2019). Nicht zuletzt deshalb musste das städtische Notfallwohnen in
der Römerstraße im Dezember 2018 von maximal zehn Plätzen auf 40 Plätze
ausgeweitet und in den Mähringer Weg verlegt werden. Bereits im September 2019
sind 38 der 40 Plätze belegt. Ein weiterer Indikator für die wachsende Dynamik ist die
durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Diese
beträgt derzeit im Aufnahmehaus der Caritas Ulm neun Monate, in Einzelfällen sogar
über 12 Monate (angestrebte maximale Aufenthaltsdauer 3-6 Monate). Im
Übernachtungsheim des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) verbleiben mehrere Einzelfälle
aktuell über 12 Monate bis zu mehreren Jahren.

4

Wohnungslosigkeit in Baden-Württemberg – Untersuchung zu Umfang, Struktur und Hilfen für
Menschen in Wohnungsnotlagen, 2015

5

Ulm: 1,339 je 1.000 Einwohner, Landesdurchschnitt: 2,135, Stand Oktober 2014. Es gibt bislang
keine landes- oder bundeseinheitliche, regelmäßige Statistik. Statistische Angaben beruhen auf
Meldungen im Rahmen der ordnungsrechtlichen Unterbringung und der von freien und
öffentlichen Trägern der Hilfen nach §§ 67 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erfassten
Personen.

6

Zugang in die Schuldnerberatung/Wohnraumsicherung Ulm 2015-2018 nach Anschreiben
Mietschulden/Räumungsklagen

- 27 -

Dabei steigen nicht nur die statistisch erfassten, quantitativen Fallzahlen in der
Wohnungslosenhilfe. Vielmehr ist eine steigende Komplexität in den Einzelfällen zu
verzeichnen. Die Beendigung bereits eingetretener Wohnungslosigkeit gestaltet sich
zunehmend schwieriger.
Vor diesem Hintergrund muss die Gesamtkonzeption für die Wohnungslosenhilfe in der
Region Ulm aus dem Jahr 2016 (vgl. GD 074/16) um veränderte Angebotsstrukturen
ergänzt und entsprechend den oben dargestellten Entwicklungen fortgeschrieben
werden. Dabei wird der Blick von der Wohnungslosenhilfe im engeren Sinne auf das
Gesamtsystem der Hilfen in Wohnungsnotfällen geweitet. Konkret bedeutet dies, dass
neben bereits von Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen verstärkt auch diejenigen
in den Fokus rücken sollen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind oder die in
unzureichenden Wohnverhältnissen leben.
Die nachfolgende Konzeption zur Weiterentwicklung der strategischen
Wohnungsnotfallhilfeplanung in Ulm wird dem Fachbereichsausschuss Bildung und
Soziales mit GD 336/19 zum Beschluss vorgelegt.
Die bestehenden Angebote und Leistungen des Hilfesystems in der
Wohnungslosenhilfe in Ulm wurden ausführlich in Anlage 3 zu GD 074/16
beschrieben.
Zielgruppenspezifische Handlungsbedarfe
Die Leitlinien der Wohnungsnotfallhilfe in Ulm basieren auf den Zielen und
Handlungsmaximen des Fachbereichs Bildung und Soziales. Sie setzen an den
bestehenden und künftigen Herausforderungen an und weisen in der Konkretisierung
die wichtigen Stellschrauben zur Weiterentwicklung der Ulmer Wohnungsnotfallhilfe
aus.
Unter Berücksichtigung der Zielsetzungen wurden folgende Handlungsbedarfe in der
Wohnungsnotfallhilfe in Ulm identifiziert:
1.

Stärkung der Prävention zur Verhinderung von Wohnraumverlust (s. Unmittelbar
von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen, s. Zielgruppenübergreifende
Angebote an Maßnahmen)

2.

Optimierung des Hilfeplanprozesses und der wirkungsorientierten Fallsteuerung
bei wohnungslosen Menschen mit dem Ziel der schnellst möglichen Beendigung
von Wohnungslosigkeit (s. Weiterentwicklung der Wirkungsorientierung in der
kommunalen Fallsteuerung, s. Beratungsangebote für wohnungslose Menschen)

3.

Verstärkte, unmittelbare Integration von Wohnungslosen in dauerhaft
mietrechtlich abgesicherte Wohnverhältnisse (s. Ehemals von Wohnungslosigkeit
betroffene Menschen, s. Zielgruppenübergreifende Angebote und Maßnahmen)

4.

Qualitätssicherung im Bereich der existenziellen Grundversorgung (s.
Übernachtungsheim bis Erfrierungsschutz)

Um diesen Handlungsbedarfen begegnen zu können werden nachfolgend
zielgruppenbezogen Konzeptbausteine und Maßnahmen vorgeschlagen.
6.1.

Unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen
Die Verhinderung von Wohnraumverlust (Prävention) unter Berücksichtigung der
sozialräumlichen Strukturen in Ulm ist von besonderer Bedeutung im Bereich der
Wohnungsnotfallhilfe. Denn mit einer Zwangsräumung geht Wohnraum verloren, der
für die Zielgruppe der einkommensschwachen Haushalte anschließend meist nicht

- 28 -

mehr zur Verfügung steht. Ausbaupotenziale ergeben sich für die Stadt Ulm in den
zwei nachfolgend beschriebenen Bereichen.
Kooperation mit Wohnungseigentümern und Kostenträgern
Die frühzeitige Kenntnis über bedrohte Wohnverhältnisse stellt eine zentrale
Voraussetzung für eine erfolgreiche Prävention dar. Nur so lassen sich erforderliche
Maßnahmen schnell und adäquat realisieren, lässt sich der dazu erforderliche
frühzeitige Kontakt zu den Wohnungsnotfällen herstellen und auch nur so lassen sich
Aufwand und Kosten der Fallbearbeitung möglichst gering halten.
Die sozialraumorientierte Ulmer Schuldnerberatung und Wohnraumsicherung erhält
neben den Mitteilungen über anhängige Räumungsklagen aufgrund von Mietschulden
Mitteilungen der Ulmer Wohnungs- und Siedlungs-Gesellschaft mbH (UWS) über
Wohnraumkündigungen aufgrund von Mietschulden. Diese Informationen ermöglichen
es der Schuldnerberatung im Rahmen der Wohnraumsicherung sich mit den
Betroffenen in Verbindung zu setzen und Hilfsangebote zu unterbreiten. Bei
frühzeitiger Intervention kann eine umfassende, ganzheitliche Beratung und Motivation
zur Selbsthilfe ausreichend sein, um die Situation der Betroffenen nachhaltig zu
verbessern.
Konzeptbaustein 1
Der Informationsaustausch zwischen der städtischen
Schuldnerberatung/Wohnraumsicherung und Wohnungseigentümern soll unter
Beachtung des Datenschutzes ausgeweitet werden. Der systematische Erhalt von
Wohnraumkündigungen wird geprüft und auf- bzw. ausgebaut.
Der häufigste Grund für einen Wohnungsverlust sind Mietschulden oder die
unzureichende Mietzahlungsfähigkeit der Haushalte. Ein bedeutender, präventiver
Ansatz ist deshalb das Instrument der Mietschuldenübernahme im Rahmen der
Sozialgesetzbücher Zweites (SGB II) und Zwölftes Buch (SGB XII).
Ziel der Übernahme von Mietrückständen ist die Sicherung der Unterkunft. Vor
Übernahme der Mietrückstände ist zu prüfen, ob der Betroffene durch die
Schuldenübernahme vor dem Verlust der Wohnung geschützt werden kann. Zur
Sicherung der Unterkunft und Vermeidung sollte die Regulierung der Mietschulden zu
einem möglichst frühen Zeitpunkt einsetzen. Die Übernahme von Mietschulden ist nur
dann gerechtfertigt, wenn hierdurch tatsächlich die Wohnung dauerhaft gesichert
werden kann und die Unterkunftskosten nicht unangemessen hoch sind.
Schwierige Lebenssituationen können auch dazu führen, den Alltag nicht mehr richtig
bewältigen zu können. Dies kann zu Beeinträchtigungen in der Zusammenarbeit mit
Behörden, insbesondere Sozialleistungsbehörden, und in Folge zu
Leistungseinstellungen oder Leistungskürzungen führen. Dies betrifft auch den Bereich
der Kosten der Unterkunft (KdU) bei Leistungsempfängerinnen und -empfängern nach
dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die städtische
Schuldnerberatung/Wohnraumsicherung erhält bislang keine Mitteilung über diese
reduzierten Kosten der Unterkunft.
Konzeptbaustein 2
Die Zusammenarbeit zwischen der Schuldnerberatung/Wohnraumsicherung und den
Leistungsträgern, d.h. der städtischen Leistungsgewährung im Bereich Sozialhilfe und
dem Jobcenter Ulm, wird insbesondere für die Bereiche Leistungskürzungen und

- 29 -

-einstellungen, Miet- und Energieschuldendarlehen durch eine
Kooperationsvereinbarung geregelt. Strukturen, Abläufe und Ressourcen werden so
gestaltet, dass Wohnungsnotfälle prioritär bearbeitet werden mit dem Ziel des
Wohnraumerhalts bzw. der Vermeidung von Wohnungslosigkeit.
Aufsuchende Hilfen im Bereich Prävention
Bedarfsgerechte aufsuchende Arbeit und zugehende Hilfen als präventive Hilfen, zum
Beispiel als Hausbesuche, können zur Vermeidung des Wohnungsverlustes erheblich
beitragen. Damit können Personen in Wohnungsnotfällen angesprochen werden, die
von sich aus keine Hilfe (mehr) in Anspruch nehmen. Aufsuchende Hilfen können dazu
beitragen, die Wirksamkeit der Prävention von Wohnungslosigkeit zu erhöhen.
Die städtische Schuldnerberatung/Wohnraumsicherung ist als Beratungsstelle mit
derzeit 3,5 Vollzeitstellen in den fünf Sozialräumen verortet. Die Beratungsgespräche
finden in den Sozialraumbüros statt. In begründeten Einzelfällen und auf Wunsch der
Klientinnen und Klienten kann eine Beratung in deren Wohnung stattfinden.
Personen, bei denen eine Räumungsklage oder eine Kündigung wegen Mietschulden
bekannt wird, werden durch die Schuldnerberatung/Wohnraumsicherung mit einem
Beratungsangebot angeschrieben.
Erwachsene Hilfebedürftige mit multiplen Problemstellungen können über den
städtischen Sozialen Dienst bisher nur in auftretenden akuten Notlagen kurzfristig
betreut werden. Die notwendige präventive, aufsuchende Arbeit kann über die aktuelle
Struktur im städtischen Sozialen Dienst nicht abgedeckt werden (vgl. GD 119/19).
Gleichzeitig sind für die spezifischen Bedarfe der Klientel. Gerade im Bereich der
Wohnungsnotfälle häufig auch spezifische Kenntnisse und Qualifikationen erforderlich,
die innerhalb der städtischen Sozialen Dienste aktuell nicht vorgehalten werden
können.
Konzeptbaustein 3
Der Fachbereichsausschuss Bildung und Soziales hat die Verwaltung in seiner Sitzung
vom 03.04.2019 mit der Implementierung des Sozialen Diensts für Erwachsene
beauftragt (vgl. GD 119/19). Die im städtischen Sozialen Dienst bestehenden
Verantwortlichkeiten für die Zielgruppe der Erwachsenen aus dem Kommunalen
Sozialen Dienst (KSD) und dem Integrationsmanagement (IMA) werden dabei
zusammengeführt und ein Sozialer Dienst für Erwachsene gebildet, der alle Menschen
zwischen 18 und 64 Jahren, die einen Unterstützungsbedarf haben, betreut und
begleitet.
Der Soziale Dienst für Erwachsene soll einerseits frühzeitig drohende Wohnungsnotfälle
präventiv verhindern, in dem z.B. bei ersten Anzeichen einer Wohnraumgefährdung
frühzeitig geeignete Maßnahmen installiert werden. Zum anderen soll der Soziale
Dienst für Erwachsene bei bereits eingetretenen Wohnungsnotfällen, z.B. aufgrund von
Mietschulden, auf eine Verknüpfung mit den Regelangeboten hinwirken.
Des Weiteren unterstützt der Soziale Dienst für Erwachsene bei unzumutbaren
Wohnverhältnissen im Rahmen von sozial-integrativen Hilfen im Sozialraum und bei der
Vermittlung in sozialräumliche Regelangebote und in Angebote der
Wohnraumversorgung.

- 30 -

6.2.

Von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen
Weiterentwicklung der Wirkungsorientierung in der kommunalen
Fallsteuerung
Die Stadt Ulm hält im Sozialraum Mitte/Ost der Abteilung Soziales eine Clearingstelle
für Wohnungslose im Umfang von 50% einer Vollzeitstelle vor. Das Jobcenter Ulm, die
Träger der Wohnungslosenhilfe und diverse weitere Fachdienste verweisen
Hilfesuchende, die ihre Wohnung in Ulm verloren haben oder ohne Wohnung nach
Ulm zuziehen möchten, an diese zentrale Anlauf- und Erstberatungsstelle. Hier wird
zunächst der konkrete, individuelle Hilfebedarf ermittelt und die hierfür zuständigen
Stellen geprüft. Die Clearingstelle berät und unterstützt die Klientinnen und Klienten
darin, ihre Notlage nach Möglichkeit aus eigenen Kräften zu überwinden. Sie vermittelt
die Hilfesuchenden bei weitergehendem Bedarf in passende Angebote und stellt den
Kontakt zum Ulmer Hilfesystem her. Ist die Stadt Ulm zur Unterbringung verpflichtet
informiert die Clearingstelle die städtischen Bürgerdienste (BD I) als für die
ordnungsrechtliche Unterbringung zuständige Stelle und gibt eine Empfehlung, welche
Unterbringung sinnvoll erscheint.
Damit stellt die Clearingstelle einen zentralen, niederschwelligen Zugang für sämtliche
von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen in Ulm sicher. Sie stellt eine wichtige
Schnittstelle zwischen öffentlichen Leistungsträgern, den städtischen Bürgerdiensten,
dem Ulmer Hilfesystem und den Hilfesuchenden dar.
Durch die effektive Arbeit der städtischen Clearingstelle und die erfolgreiche, enge
Zusammenarbeit mit den Bürgerdiensten weist Ulm trotz der dynamischen
Entwicklungen in der Wohnungslosenhilfe landesweit vergleichsweise geringe Zahlen
im Bereich der ordnungsrechtlichen Unterbringung auf. Jedoch nimmt das
Fallaufkommen in den vergangenen Jahren sowohl in der Statistik der Bürgerdienste
mit aktuell rund 140 Unterbringungsfällen in 2019 (Stand September) als auch in der
Clearingstelle der Abteilung Soziales mit inzwischen rund 300 Hilfesuchenden pro Jahr
deutlich zu.
Dabei steigt nicht nur die Anzahl der untergebrachten bzw. beratenen Personen.
Vielmehr ist eine zunehmende Komplexität in den Fällen zu verzeichnen, die sich
insbesondere in einem erhöhten, mehrfachen Beratungsbedarf Einzelner und im
steigenden Zeitbedarf pro Fallberatung widerspiegelt.
Immer mehr Menschen weisen multiple Problemlagen auf. Psychische Erkrankungen
und besonders herausfordernde Verhaltensweisen der Hilfesuchenden spielen in der
Beratung der Clearingstelle wie in sämtlichen Angeboten der Wohnungslosenhilfe eine
zunehmende Rolle und erschweren häufig eine möglichst schnelle Beendigung der
Wohnungslosigkeit.
Wie eingangs dargestellt verbleiben Hilfesuchende immer häufiger über längere
Zeiträume, teilweise über Jahre, im Übernachtungsheim, im Aufnahmehaus und auch
in der ordnungsrechtlichen Unterbringung. Die Konsequenzen daraus sind nicht nur in
den dauerhaft sehr hohen Kosten für die Einzelfallhilfe zu sehen. Vielmehr besteht die
Gefahr der Chronifizierung von Wohnungslosigkeit. Mindestens jedoch werden die
Ziele der Integration in eigenen, dauerhaft abgesicherten Wohnraum und die
Wiedereingliederung in die Gesellschaft in diesen Fällen nicht in einem angemessenen
Zeitraum erreicht.
Der veränderten Bedarfslage und den daraus resultierenden Entwicklungen kann durch
eine kommunale Clearingstelle als Erstberatungsstelle allein nicht mehr ausreichend
begegnet werden. Der Ulmer Hilfeplanprozess muss angepasst, das kommunale
Fallmanagement intensiviert und über den gesamten Hilfeplanprozess steuernd
eingebunden werden. Netzwerke und Kooperationen mit dem Bereich der

- 31 -

Eingliederungshilfe und dem Gesundheitssystem müssen aufgebaut, eine
rechtskreisübergreifende und trägerübergreifende Fallsteuerung etabliert werden.
Konzeptbaustein 4
Zur Stärkung der Fallsteuerung in der Wohnungslosenhilfe wird die Clearingstelle
Wohnungslosenhilfe (50% einer Vollzeitstelle) ab 01.01.2020 um eine 50% Stelle
Fallmanagement im Bereich der Hilfen nach §§ 67 ff. SGB XII erweitert. Ziel ist die
Optimierung des Ulmer Hilfeplanprozesses und der Einzelfallsteuerung im Hinblick auf
Effektivität und Wirkungsorientierung. Hierzu werden insbesondere Kooperationen mit
und zwischen Trägern der Wohnungslosenhilfe, der Eingliederungshilfe und mit
Einrichtungen des Gesundheitssystems geprüft und initiiert. Die Stelle wird zunächst für
die Dauer von drei Jahren eingerichtet und aus dem Kontrakt zur Steuerung der
vorabdotierten Sozial- und Jugendhilfe der Abteilung Soziales finanziert. Der
langfristige Stellenbedarf wird im Anschluss an die dreijährige Erprobungsphase zur
Haushaltsplanung 2023 überprüft.
Weiterhin muss die sehr erfolgreiche, enge Zusammenarbeit zwischen der Abteilung
Soziales als Kostenträger für die Hilfen nach §§ 67 ff. SGB XII und den Bürgerdiensten
(BD I) als für die ordnungsrechtliche Unterbringung zuständige Stelle gesichert werden.
Der bisherige Erfolg ist vor allem auf das hohe Engagement und die gute persönliche
Zusammenarbeit der langjährigen Mitarbeitenden in diesen Bereichen zurückzuführen.
Konzeptbaustein 5
Um reibungslose, effektive Arbeitsprozesse und den Wissenstransfer im Hinblick auf die
anstehende Nachfolgeplanung und mögliche Personalwechsel dauerhaft
sicherzustellen, werden die bewährten Arbeitsweisen und -abläufe in einer
Kooperationsvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Abteilung Soziales
als Leistungsträger und den Bürgerdiensten als Ortspolizeibehörde festgehalten.
Beratungsangebote für wohnungslose Menschen
Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind, sind so vielfältig wie die
Ursachen für die Wohnungslosigkeit selbst. Die bewährten Beratungsangebote der
Wohnungslosenhilfe richten sich hierbei vor allem an Menschen, bei denen besondere
Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind und die zur
Überwindung dieser Schwierigkeiten besondere Hilfen benötigen, weil sie diese aus
eigener Kraft nicht bewältigen können (§§ 67 ff. SGB XII). Hierfür steht im Regelsystem
die Fachberatungsstelle für Wohnungslose des Caritasverbands Ulm-Alb-Donau zur
Verfügung.
Während der Schwerpunkt im kommunalen Clearing und Fallmanagement in der
Bedarfs- und Zuständigkeitsprüfung, der Fall- und Kostensteuerung in allen Fällen der
Wohnungslosenhilfe liegt, bietet die Fachberatungsstelle als Teil des ambulanten
Hilfesystems konkrete Unterstützungsleistungen vorwiegend für den Personenkreis
nach §§ 67 ff. SGB XII an. Ein großer Teil der Beratungsleistung stellt die Beratung über
Sozialleistungen zur Überwindung der Wohnungslosigkeit dar, z.B. Hilfe bei der
Bearbeitung von Schriftverkehr, bei der Beschaffung von wichtigen Dokumenten oder
die Anregung von Betreuungen.
Im Bereich der aufsuchenden Arbeit hält der Caritasverband Ulm-Alb-Donau im
Rahmen des ABC-Projekts (Aufsuchendes begleitendes Coaching) Streetwork für

- 32 -

Wohnungslose vor. Für Wohnungslose in ordnungsrechtlicher Unterbringung besteht
hingegen bislang kein (aufsuchendes) Hilfeangebot.
Obdachlosigkeit ist in Deutschland rechtlich als eine Gefahr für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung definiert. Im Zuge der Gefahrenabwehr oder der Beseitigung
einer Störung der öffentlichen Sicherheit sieht das Polizeigesetz (PolG)
Baden‐Württemberg vor, dass Städte und Gemeinden als Ortspolizeibehörde
wohnungslose Menschen im Bedarfsfall mit Unterkunft zu versorgen haben.
Die ordnungsrechtliche Unterbringung erfolgt durch die städtischen Bürgerdienste (BD
I) als Obdachlosenbehörde im Rahmen einer öffentlich‐rechtlichen
Einweisungsverfügung je nach Zielgruppe im Übernachtungsheim in der Frauenstraße
123, im städtischen Notfallwohnen im Mähringer Weg 105, in Hotels und Pensionen
oder in Privatwohnraum. Die öffentlich-rechtliche Einweisung erfolgt in enger
Abstimmung mit der Clearingstelle der Abteilung Soziales und hat eine Übernahme
anfallender Kosten durch die Bürgerdienste zur Folge.
Wie bereits dargestellt, weist die Statistik der Ulmer Bürgerdienste im landesweiten
Vergleich zwar sehr geringe Fallzahlen im Bereich der ordnungsrechtlichen
Unterbringung auf. Dennoch sind diese seit 2017 auf ihren bisherigen Höchststand
gestiegen. Ein weiterhin steigender Bedarf an ordnungsrechtlicher Unterbringung
zeichnet sich ab und erfordert die Prüfung alternativer Unterbringungsmöglichkeiten
durch die Bürgerdienste mit Unterstützung der Abteilung Soziales.
Die ordnungsrechtliche Unterbringung als Instrument der Gefahrenabwehr muss so
kurz wie möglich gehalten werden. Ziel ist die schnellst mögliche Beendigung der
Notsituation. Die öffentlich-rechtliche Einweisung wohnungsloser Menschen sollte
deshalb für maximal sechs Monate erfolgen. Die tatsächliche Aufenthaltsdauer liegt
inzwischen jedoch häufig über sechs Monaten.
Um einer zu langen Aufenthaltsdauer in Notunterkünften und der damit
einhergehenden Gefahr der Chronifizierung der Wohnungslosigkeit vorzubeugen, gibt
es im Mähringer Weg 105 seit 01.01.2019 eine sozialpädagogische Fachkraft zur
Unterstützung und zeitnahen Vermittlung in eigenen Wohnraum mit einer 0,25 VZÄStelle beim Caritasverband Ulm-Alb-Donau. Durch den Ausbau des Notfallwohnens auf
40 Plätze ist es für einen möglichst reibungslosen Ablauf in der Einrichtung selbst
weiterhin erforderlich dieses Angebot vor Ort vorzuhalten. Für ordnungsrechtlich
untergebrachte Personen in Privatwohnraum gibt es derzeit kein entsprechendes
Angebot.
Konzeptbaustein 6
Die Abteilung Soziales hat sich 2018 erfolgreich für das Projekt des Kommunalverbands
für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) "Neue Bausteine zur
Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe" beworben. Im Rahmen des Projektes
sollen für die Zahl wohnungsloser Personen in ordnungsrechtlicher Unterbringung, die
sich sehr heterogen zusammensetzt, Konzepte und Angebote aufsuchender
Sozialarbeit erarbeitet werden. Ziel der aufsuchenden Arbeit soll es dabei sein, den
Aufenthalt in der ordnungsrechtlichen Unterbringung so kurz wie möglich zu halten
und Wege aus der Obdachlosigkeit in eine neue Wohnung oder, falls notwendig, in
betreute Angebote zu finden. Das Projekt mit wissenschaftlicher Begleitung startet im
September 2019 mit einer Projektlaufzeit von drei Jahren.

- 33 -

Konzeptbaustein 7
Eine sozialpädagogische, aufsuchende Beratung, Begleitung und Unterstützung wird
auch für Personen in ordnungsrechtlicher Unterbringung, die nicht unter den
Personenkreis des § 67 ff. SGB XII fallen, angeboten. Hauptziel der Beratung ist die
zeitnahe Vermittlung in eigenen Wohnraum.
Für das Notfallwohnen im Mähringer Weg 105 wird die Fachkraftstelle im Umfang von
25% einer Vollzeitstelle aufrechterhalten. Abhängig vom Ergebnis der Prüfung
alternativer Unterbringungsplätze für die ordnungsrechtliche Unterbringung wird der
erforderliche Stellenumfang gegebenenfalls überprüft.
Die Beratung und Begleitung aller in Privatwohnraum oder Hotels/Pensionen
ordnungsrechtlich untergebrachten Personen wird durch den städtischen Sozialen
Dienst sichergestellt (vgl. Konzeptbaustein 3).
Übernachtungsheim
Das Übernachtungsheim des Deutschen Roten Kreuzes in der Frauenstraße 123 bietet
Wohnungslosen - unter anderem ohne Eingliederungsabsicht - ein kurzfristiges
Obdach. Die Einrichtung stellt somit die existenzielle Grundversorgung Hilfebedürftiger
sicher.
Mit GD 074/16 wurde dem Raumprogramm über die Aufstockung des Gebäudes
Frauenstr. 123 auf der Basis einer Kostenannahme von 1,2 Mio. € zugestimmt und die
Verwaltung mit der weiteren Planung beauftragt.
Durch die bisher geplante Aufstockung sollte bei gleichbleibender Platzzahl eine
Qualitätsverbesserung erreicht werden mit dem Ziel, die bisher notwendige
Zimmerbelegung von bis zu zwölf Personen pro Zimmer zu entzerren. In mehreren
Schritten wurde eine mögliche Aufstockung auf Machbarkeit mit vertretbarem
Finanzaufwand geprüft.
Eine erste Entwurfsplanung mit Kostenschätzung wurde in Abstimmung mit dem
städtischen Gebäudemanagement (GM) und dem DRK durch ein Architekturbüro
geprüft. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Aufstockung des
Übernachtungsheims zwar technisch grundsätzlich möglich ist. Jedoch wäre eine
Kernsanierung mit erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz mit Auswirkungen auf
Küche und Sanitärbereich notwendig. Der erforderliche Kostenaufwand hierfür liegt
derzeit bei 3,7 Mio. €. Die Kontrollprüfung durch GM ergab, dass allenfalls im Bereich
von maximal 200.000 € Einsparungen möglich wären. Weiterhin ist davon auszugehen,
dass bei der derzeitigen Hochkonjunktur am Bau mit jährlichen Baukostensteigerungen
in Höhe von 5% gerechnet werden muss.
Aus Sicht der Verwaltungsspitze, von SO und GM ist dies nur schwer vertretbar. Auch
da das Haus weiterhin grundsätzlich ein "altes" Haus bliebe. Die Alternative,
stattdessen einen Neubau, mit noch höherem Aufwand verbunden, zu verwirklichen,
ist aus Verwaltungssicht unrealistisch und wurde nicht weiterverfolgt.
Weiterhin ist davon auszugehen, dass die vorliegende Weiterentwicklung der
Gesamtkonzeption der Wohnungsnotfallhilfe in Ulm Auswirkungen auf den künftigen
Bedarf haben wird. Um abschließend bewerten zu können, welcher Sanierungsbedarf
zur Verbesserung der Situation im Übernachtungsheim erforderlich ist und sich zu
vertretbaren Bedingungen darstellen lässt, sollten Erkenntnisse aus der Umsetzung der
vorliegenden Konzeptbausteine vorliegen. Aus heutiger Sicht besteht die Annahme,
dass die erforderlichen angemessenen Verbesserungen mit wesentlich geringerem
technischen und finanziellen Aufwand erzielt werden können.

- 34 -

Die sanitären Anlagen sind nach Renovierung vor 18 Jahren auch nach Einschätzung
des DRK in einem guten Zustand. Die relativ neue Küche - durch Spendenmittel
finanziert - ist sowohl technisch als auch hygienisch in tadellosem Zustand.
Konzeptbaustein 8
Die Verwaltung prüft unter Einbezug der Erkenntnisse aus der Umsetzung der
vorliegenden, weiterentwickelten Konzeption den künftigen Platzbedarf für das
Übernachtungsheim und erarbeitet ein alternatives Raumprogramm. Ziel ist es, die
angestrebte Qualitätsverbesserung durch bauliche Anpassungen bei angemessenen
technischen und finanziellen Aufwand zu erreichen.
Bei der Planung weiterer Alternativen soll für eine barrierefreie Erreichbarkeit ein
Aufzug installiert sowie die räumliche Situation für Frauen als Übernachtungsgäste
verbessert werden. Die große Baumaßnahme mit Aufstockung zu sehr hohen Kosten
wird von der Verwaltung nicht weiterverfolgt.
Tagesstätte
Tagesstätten stellen ein ambulantes niederschwelliges Begegnungs-, Vermittlungs- und
Beratungsangebot dar, ohne Verpflichtung zur Inanspruchnahme weiterer Leistungen.
Es soll ein niederschwelliges Angebot für die Wohnungslosen sein, ein Ort für den
Tagesaufenthalt. Durch niederschwellige Angebote soll für die Zielgruppe darüber
hinaus der Zugang zu weiteren Beratungsmöglichkeiten, therapeutischen Maßnahmen
und anderen Angeboten im Hilfesystem erleichtert werden. Eine Verknüpfung zur
Beratungsstelle besteht. Tagestrukturierende Maßnahmen stehen im Vordergrund.
Weiterhin soll die weitere Grundversorgung (z.B. Wäsche waschen,
Kommunikationsmöglichkeiten) gesichert sein.
In Ulm gibt es seit 2001 zwei Tagesstätten für Wohnungslose (GD 100/01). Das
Deutsche Rote Kreuz (DRK) betreibt eine Tagesstätte im Übernachtungsheim in der
Frauenstr. 123 und der Caritasverband Ulm-Alb-Donau in der Michelsbergstr. 5,
angegliedert an die Fachberatungsstelle, das Aufnahmehaus und die städtische
Zahlstelle für Wohnungslose. Die Tagesstätte des DRK bietet Frühstück und
Abendessen, die Tagesstätte der Caritas Frühstück und Mittagessen. Ergänzt wird das
Angebot bei beiden Trägern durch Maßnahmen zur Sicherung der materiellen
Grundversorgung (z.B. Körper- und Wäschepflege, Kleiderkammer und Schließfach)
und zur Förderung der Kommunikation.
Die Tagesstätten wurden 2018 von rund 30-40 Personen pro Tag in Anspruch
genommen. Dabei halten sich mehrere Hilfesuchende in beiden Tagesstätten auf. Beide
Tagesstätten haben im Laufe der Zeit überschneidende Angebote entwickelt.
Im Rahmen der strategischen und auch räumlichen Weiterentwicklung der Standorte
Michelsberg 5 und Frauenstraße 123 wurde mit den Trägern bereits 2015 das Ziel
vereinbart, die bestehende Doppelstruktur aufzulösen, Schnittstellen zu definieren und
Synergieeffekte zu nutzen (vgl. GD 074/16). Die Umsetzung konnte insbesondere
aufgrund der noch ausstehenden räumlichen Lösungen noch nicht vorangetrieben
werden.

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Konzeptbaustein 9
Im Zuge der Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe in Ulm, des Umzugs des
Caritasverbands Ulm-Alb-Donau aus dem Standort Michelsberg 5 in ein neues
Gebäude und der Anpassung der Raumplanung im Übernachtungsheim des DRK wird
die Doppelstruktur von zwei Tagesstätten aufgegeben. Ziel ist das Vorhalten einer
Tagesstätte in Ulm unter Beibehaltung des bisherigen Dienstleistungsangebotes für ca.
40 bis maximal 50 Personen. Die für den Betrieb beider Einrichtungen notwendigen
Strukturen und Angebote werden analysiert und bedarfsbezogen definiert, ebenso wie
die Schnittstelle zwischen den Einrichtungen und die Zusammenarbeit unter den
Trägern. Das Ergebnis mündet in eine Budgetvereinbarung mit
Dienstleistungsbeschreibung für jede Einrichtung, die dem Fachbereichsausschuss
Bildung und Soziales spätestens im ersten Quartal 2020 zum Beschluss vorgelegt
werden.
Aufnahmehaus
Aufnahmehäuser sind ambulante, kurzfristig belegbare Wohnangebote mit Beratung
und persönlicher Unterstützung. Die Unterbringung erfolgt für die Dauer der Klärung
der Bedarfslage, längstens jedoch bis zur Vermittlung bedarfsgerechter Leistungen
bzw. in Wohnraum. Die Dauer der Abklärungsphase orientiert sich an den individuellen
Erfordernissen.
Für Ulm stehen derzeit insgesamt 18 Plätze in Aufnahmehäusern an drei Standorten
(intensiv betreutes Wohnen) zur Verfügung.
Im Aufnahmehaus für Frauen des DRK, Frauenstr. 123, stehen im Jahresdurchschnitt 2
Plätze zur Verfügung. Im Aufnahmehaus für Frauen des DRK am Standort
Lustgartenweg in Ulm-Wiblingen finden weitere vier Frauen Obdach.
Das Aufnahmehaus für Männer des Caritasverbands Ulm-Alb-Donau am Standort
Michelsberg 5 hält 12 Plätze vor.
Bereits mit GD 074/16 wurde der sukzessive Abbau der Aufnahmehausplätze
beschlossen. Die Begleitung und Wiedereingewöhnung bisher wohnungsloser
Menschen in festen Wohnraum sollte sozialräumlich ausgerichtet und durch
dezentrale, kleinere Aufnahmehaus-Wohngemeinschaften effektiver gestaltet werden.
Dies konnte bisher nur teilweise umgesetzt werden.
Konzeptbaustein 10
Im Zuge der vorliegenden Weiterentwicklung des Hilfesystems in der
Wohnungslosenhilfe wird das Ziel des sukzessiven Abbaus der Aufnahmehausplätze
weiterverfolgt. Dazu wird die Kapazität der Aufnahmehäuser mittelfristig reduziert. Der
Aufenthalt ist zunächst auf drei Monate befristet. Der maximale Aufenthalt beträgt 12
Monate. Parallel zur Reduzierung des Angebots "Aufnahmehaus" wird der "Housing
First"-Ansatz für diese Zielgruppe intensiv vorangetrieben (vgl. Konzeptbaustein 12).
Aufgrund eines Eigentümerwechsels und des sehr schlechten baulichen Zustands des
Gebäudes Michelsberg 5, in dem sich derzeit neben dem Aufnahmehaus die
Fachberatungsstelle und die Tagesstätte des Caritasverbands Ulm-Alb-Donau befindet,
ist der Träger seit einiger Zeit auf der Suche nach einem geeigneten neuen Gebäude.
Eine Lösung zeichnet sich nun in der Folgenutzung des bisherigen Frauenhauses ab.
Mit dem Umzug in das neue Gebäude soll die vorliegende Konzeption umgesetzt und
die Nutzung der Räumlichkeiten danach ausgerichtet werden.

- 36 -

Erfrierungsschutz
Der Erfrierungsschutz von Wohnungslosen in der kalten Jahreszeit ist der Stadt Ulm ein
besonderes Anliegen, da diese Menschen in der kalten Jahreszeit besonders gefährdet
sind. Auch Menschen ohne Unterkunft, die die Angebote der Wohnungslosenhilfe
ganz ablehnen oder nur finanzielle Hilfen akzeptieren, sind in der kalten Jahreszeit
besonders gefährdet.
Die Stadt Ulm hat ein Gesamtkonzept zum Erfrierungsschutz entwickelt. Hierzu wurden
mit folgenden Akteuren präventive Absprachen getroffen:
 Bei den Bürgerdiensten sind der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) und der
gesamte Außendienst über die Maßnahmen des Erfrierungsschutzes und die
Fürsorgepflicht informiert und sensibilisiert. Die Mitarbeitenden des KOD und die
Außendienstmitarbeiter der Bürgerdienste sprechen Personen gezielt an und
verweisen Sie auf die jeweiligen Hilfsangebote. Bei Bedarf werden Rettungsdecken
zur Verfügung gestellt und in Extremsituationen der Polizeivollzugsdienst
hinzugezogen. Weiterhin besteht zwischen den Bürgerdiensten und den weiteren
u.g. Akteuren ein enger Austausch zum Erfrierungsschutz.
 Das Übernachtungsheim des Deutschen Roten Kreuz (DRK) in der Frauenstr. 123
weist in der kalten Jahreszeit möglichst niemanden ab bzw. verweist im Notfall auf
die Übernachtungsmöglichkeit im Hauptbahnhof Ulm.
 Die Bahnhofspolizei lässt in kalten Nächten Wohnungslose, die sich ruhig verhalten,
im Hauptbahnhof nächtigen.
 Das DRK akquiriert regelmäßig Spenden für die Beschaffung von Polarschlafsäcken
für Hilfesuchende, die draußen übernachten wollen.
 Für Bezieher von Tagessätzen (Leistungen nach dem SGB II und SGB XII) können bei
Bedarf Einzelfallhilfen zur Beschaffung von Schlafsäcken, Isomatten oder
Gasflaschen zur Beheizung gewährt werden.
 Stark alkoholisierte oder aggressive Menschen nimmt die Polizei in Gewahrsam
(Eigengefährdung).
 Soweit der Erfrierungsschutz nur für die Nachtstunden zur Verfügung steht, stehen
die Regelangebote der Wohnungslosenhilfe (Tagesstätte/Wärmestube) in Ulm zur
Verfügung (Tagesaufenthalt bei Frost).
Konzeptbaustein 11
Um eine Lücke im Bereich der sehr niederschwelligen Hilfen zum Schutz vor Erfrieren
für Personen zu schließen, die die Angebote der Wohnungslosenhilfe aus
unterschiedlichsten Gründen ganz oder teilweise ablehnen, soll das "Ulmer Nest", eine
schützende, isolierte Schlafkapsel, 2019/2020 entwickelt und erprobt werden und nach
erfolgreichem Projektabschluss im Winter 2020/2021 regelhaft zum Einsatz kommen.
Der Fachbereichsausschuss Bildung und Soziales hat in seiner Sitzung am 15.05.2019
die Entwicklung eines funktionsfähigen Prototyps des Ulmer Nests beschlossen (GD
184/19). Darüber hinaus wurden die Firmen Bootschaft GbR und Widerstand und
Söhne GmbH beauftragt, ein Konzept für eine Echterprobung zu entwickeln. Für die
Umsetzung der Echterprobung im anstehenden Winter 2019/2020 ist wiederum ein
Beschluss des Ulmer Gemeinderats sowie die Bereitstellung entsprechender
Finanzmittel erforderlich. Das Konzept zur Echterprobung sowie die Produktion der
dafür erforderlichen Prototypen wird dem Fachbereichsausschuss Bildung und Soziales
am 09.10.2019 mit Gemeinderatsdrucksache GD 337/19 zum Beschluss vorgelegt.

- 37 -

6.3.

Ehemals von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen
Im Bereich der Wohnungslosenhilfe und der Hilfen nach § 67 ff. SGB XII war und ist die
Vermittlung in eigenen Wohnraum eines der Hauptziele der Beratung. Aus diesem
Grund müssen neben der allgemeinen Ausweitung des Wohnungsangebots im sozialen
Wohnungsbau gezielte Maßnahmen zur Versorgung von Wohnungslosen mit
dauerhaftem Individualwohnraum umgesetzt werden. Für die Zielgruppe müssen neue
Konzepte der Integration in dauerhaft privatrechtlich abgesicherten Wohnraum
erschlossen werden.
Das Konzept Housing First basiert darauf, Wohnungslose direkt mit einer Wohnung zu
versorgen und nicht erst stufenweise in vorangegangen Hilfemaßnahmen eine
Stabilisierung („Wohnfähigkeit“) zu erarbeiten. Es wird ein normales, unbefristetes
Mietverhältnis mit allen Rechten und Pflichten abgeschlossen. Housing First entkoppelt
dabei das Mietverhältnis vom Unterstützungsangebot. Wohnbegleitende Hilfen werden
aktiv angeboten. Betroffene werden dazu ermutigt Probleme mit Unterstützung
anzugehen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Die Teilnehmenden erhalten ein flexibles
und individuelles Unterstützungsangebot.
Zielgruppe sind vorrangig wohnungslose Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen
nach § 67 SGB XII haben. Hierbei sollen insbesondere Menschen angesprochen
werden, die aufgrund von psychischen Auffälligkeiten oder Erkrankungen besondere
Schwierigkeiten bei der Versorgung mit einer geeigneten Wohnung haben. Weitere
Aufnahmekriterien sollten der individuellen Bedarfslage vor Ort angepasst werden.
Zielgruppenspezifische Ansprüche z.B. von wohnungslosen Frauen und alleinstehenden
wohnungslosen Männern müssen dabei besondere Berücksichtigung finden.
Zu den Grundbedingungen des Konzeptes gehört es, umfassende Hilfsangebote
offensiv anzubieten, ohne sie verpflichtend zu machen. Diese Angebote müssen
konkret an die Ressourcen der einzelnen Mieterinnen und Mieter angepasst werden,
damit sie in akzeptablen Zeitrahmen zu erlebbaren Erfolgen führen.
Kritik am derzeit bestehenden Stufensystem bezieht sich häufig darauf, dass es zu
Drehtüreffekten kommt. Es besteht die Gefahr, dass Sonderwohnformen zur
Stigmatisierung Wohnungsloser und zur Chronifizierung der Problemlagen beitragen,
dass Wohnungslosigkeit verwaltet anstatt reduziert wird.7
Zwar bedarf es für einige Hilfebedürftige aufgrund sehr spezifischer Bedarfe auch
weiterhin besonderer Unterstützungsangebote und Wohnformen durch das
Stufensystem der Wohnungsnotfallhilfe. Jedoch müssen deutlich mehr gezielte
Strategien und Konzepte erarbeitet werden, um für die Zielgruppe mietvertraglich
abgesicherten Wohnraum zu erschließen und eine schnellst mögliche Beendigung von
Wohnungslosigkeit nachhaltig zu erreichen. Die Beschaffung von dauerhaftem
Individualwohnraum für Wohnungslose muss viel intensiver und nachdrücklicher
verfolgt werden als in der Vergangenheit, und zwar nicht nur auf kommunaler und
Verbandsebene, sondern vor allem und gerade in konkreten Initiativen insbesondere
der freien Träger vor Ort.
Housing First ist ein vielversprechender Ansatz, um Wohnungslosigkeit zu verringern,
anstatt weiter Wohnungslosigkeit zu verwalten. Er ist vor allem auf
Langzeitwohnungslose mit komplexen Problemlagen ausgerichtet und dabei sehr
erfolgreich. Die Wirksamkeit von Housing First ist international und mit wissenschaftlich
fundierten Studien bereits mehrfach belegt.

7

Hilfen in Wohnungsnotfällen und bei Obdachlosigkeit, Bundesverband für Wohnen und
Stadtentwicklung (vhw), 03.12.2018

- 38 -

Zwischenzeitlich wird Housing First auch im deutschsprachigen Raum zunehmend als
innovativer Ansatz rezipiert und in unterschiedlichsten Konzepten bundesweit
umgesetzt. Die verschiedenen Ansätze sind sowohl Träger- als auch finanz- und
wohnungsmarktabhängig.8
Stiftungsmodelle zum Ankauf, Umbau, Neubau von Wohnungen für Wohnungslose,
die konsequente Nutzung und Kooperation mit kommunalen und genossenschaftlichen
Wohnungsbaugesellschaften, Engagement der Kirchen und Wohlfahrtsverbände im
Grundstücks-und Immobilienwesen, Markleransätze oder die Anmietung von
Wohnungen für Wohnungslose durch freie Träger sind nur einige Ansätze, die den
unterschiedlichen Konzepten zugrunde liegen.
Konzeptbaustein 12
Der Ansatz "Housing First" wird in der Wohnungsnotfallhilfe in Ulm aktiv
vorangetrieben. Durch die Verwaltung werden Rahmenbedingungen zur Umsetzung
von Housing First in Ulm erarbeitet. Für eine passgenaue Konzeptionierung mit
zielgerichteten, innovativen Umsetzungsstrategien und zur Auswahl eines geeigneten
Trägers wird ein Interessenbekundungsverfahren durchgeführt.
Das Umsetzungskonzept und der entsprechende Budgetvertrag mit
Dienstleistungsbeschreibung mit einem ausgewählten Leistungserbringer wird dem
Fachbereichsausschuss Bildung und Soziales zur Beschlussfassung spätestens im
zweiten Quartal 2020 vorgelegt.
6.4.

Zielgruppenübergreifende Angebote und Maßnahmen
Drehscheibe Wohnraum
Geeigneter Wohnraum ist die Grundvoraussetzung für soziale Teilhabe. Ein verstärkt
präventiver Ansatz in der Wohnungsnotfallhilfe macht es erforderlich, bezahlbaren
Wohnraum auch verstärkt für von Wohnungslosigkeit bedrohte und in unzumutbaren
Wohnverhältnissen lebende Menschen zugänglich zu machen.
Auf der Basis eines Gutachtens des Büros WEEBER&PARTNER (Institut für Stadtplanung
und Sozialforschung GbR) zum Bedarf an Wohnraum für besondere Zielgruppen
wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet, um den zuvor ermittelten Bedarfen zu
begegnen. Die Umsetzung der Handlungsempfehlung "Akquise von derzeit
leerstehendem Wohnraum privater Vermieter" wurde in der gemeinsamen Sitzung des
Fachbereichsausschusses (FBA) Bildung und Soziales und des FBA Stadtentwicklung,
Bau und Umwelt im Februar 2014 (GD 013/14) beschlossen.
Im Rahmen des Projekts Koordination Flüchtlingsarbeit wurde im Dezember 2015 eine
Projektstelle zur Wohnraumakquise bei der Abteilung Soziales, zunächst für die
Beschaffung von Wohnraum zur Flüchtlingsunterbringung, eingerichtet (GD 549/15).
Während der Projektlaufzeit konnten bis April 2018 bereits 46 Objekte im Eigentum
Dritter akquiriert werden. Die städtische Wohnraumakquise war und ist Voraussetzung
8

vgl. z.B. https://housingfirstberlin.de/; https://www.housingfirstfonds.de/;
http://www.ambulantehilfestuttgart.de/index.php/sozialer-wohnungsbau;
https://www.neunerhaus.at/konzepte/wohnangebote/neunerhaus-housing-first/;
https://housingfirsteurope.eu/; https://www.bagw.de/media/doc/TGD_16_Ambulante-Hilfe_BuschGeertsema.pdf; https://housingfirsteurope.eu/assets/files/2017/12/housing-first-guide-deutsch.pdf;
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/die-loesung-fuer-alles/die-kunst-zu-wohnen-84281;
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/obdachlosigkeit-konzept-housing-first-in-portugalzeigt-erfolge-a-1205157.html

- 39 -

für das äußerst erfolgreiche Ulmer Konzept der dezentralen Unterbringung. Es soll und
muss auch weiterhin aktiv vorangetrieben werden, um die Unterbringung von
Geflüchteten nachhaltig sicherzustellen und gleichzeitig möglichst Wohnformen
auszubauen, die den Integrationsprozess unterstützen (vgl. GD 106/17, GD 141/18 und
GD 236/19).
Die Erfahrungen aus der Wohnraumakquise im Projekt Koordination Flüchtlingsarbeit
mündeten, unter Einbezug der Erfahrungen und Konzepte anderer Städte sowie dem
Fachwissen der Träger der freien Wohlfahrtspflege, in das Projekt Drehscheibe
Wohnraum. Dessen Umsetzung wurde in der Sitzung des Gemeinderats am
10.05.2017 (GD 163/17) beschlossen.
Ziel des Konzepts ist es, die Wohnraumversorgung von Leistungs- und
Hilfeempfangenden, die neben unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen auch ein
Wohnproblem haben, zu verbessern. Insbesondere soll hierdurch ein
eigenverantwortliches Wohnen in eigenem Wohnraum erreicht werden. Durch Presseund Öffentlichkeitsarbeit sollen private Eigentümer mit leerstehendem Wohnraum
angesprochen werden. Es gibt verschiedene Module, wie z.B. eine dauerhafte,
städtische Ansprechperson, eine passgenaue Betreuung des Mietenden,
Mietausfallgarantie oder Sanierungszuschüsse, um Anreize zu schaffen, diesen
leerstehenden Wohnraum für besonders benachteiligte Zielgruppen zur Verfügung zu
stellen.
Durch den Beschluss der Drehscheibe Wohnraum konnte die Öffentlichkeitsarbeit zur
Wohnraumakquise ausgeweitet werden. Es wurde ein Infoflyer erstellt und in allen
öffentlich zugänglichen Einrichtungen der Stadt Ulm ausgelegt. Durch den Entwurf
eines Logos zum Projekt wurde der Wiedererkennungswert gestärkt. Artikel in der
Südwestpresse sowie in allen Stadtteilzeitungen und im Kirchenblatt der Gemeinde St.
Georg, eine Anzeige im agzente Magazin mit dem Thema "Anders Wohnen in Ulm",
Monitorwerbung in Bus- und Straßenbahn sowie ein Radio-Interview bei Radio free FM
mit Bürgermeisterin Iris Mann haben maßgeblich zum Bekanntwerden der Drehscheibe
Wohnraum beigetragen. Als besonders erfolgreich zeichnete sich jedoch der
persönliche Kontakt und die Vorstellung des Projekts in unterschiedlichen Gremien und
Arbeitskreisen ab. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Projektvorstellungen bei
den regionalen Planungsgruppen der Stadtteile.
Die Drehscheibe Wohnraum ist weiterhin Teil des Projekts "Raumteiler "des Städtetags
Baden-Württemberg und hier mit einem Online-Auftritt präsent. In Zusammenarbeit
mit dem Städtetag fand im Juni 2019 ein Netzwerktreffen zum Projekt "Raumteiler" in
Ulm statt. Ziel dieser Veranstaltung war der kollegiale Austausch bezüglich bisheriger
Erfahrungen der verschiedenen Kommunen und Organisationen mit ähnlichen
Projekten. Das Ulmer Konzept diente dabei vielen Teilnehmenden als Grundlage für die
Entwicklung eigener Konzepte und Ansätze.
Nach dem ersten Jahr seit Projektbeginn war ein deutlicher Anstieg der Anfragen durch
Vermietende zu verzeichnen, der zwischenzeitlich, insbesondere aufgrund der
regelmäßigen Öffentlichkeitsarbeit, weiter ausgebaut werden konnte.
Um das Potenzial leerstehenden Wohnraums bestmöglich auszuschöpfen, verfolgt die
Drehscheibe Wohnraum grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze:
Bei einer dauerhaften Bereitstellung des Wohnraums wird zwischen Vermietenden und
der Stadt Ulm eine Belegungsvereinbarung über die Dauer von 3-5 Jahren geschlossen
und mittels Nutzungsvereinbarung an die Bewohnenden überlassen. Nach
erfolgreichem, einjährigem Probewohnen wird ein direkter, unbefristeter Mietvertrag
zwischen den Vermietenden und Nutzenden geschlossen.

- 40 -

Bei vorrübergehend bereitgestellten Objekten, für die z.B. bereits Sanierungsarbeiten
geplant oder Eigenbedarf vorgesehen ist, wird ein Mietvertrag zwischen der Stadt Ulm
und den Vermietenden mit einer Vertragslaufzeit von 3-5 Jahren geschlossen. Die
Überlassung des Wohnraums erfolgt im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen
Vereinbarung oder Einweisung.
Seit Projektstart im Juli 2018 wurden 17 neue Objekte akquiriert mit einer GesamtWohnfläche zwischen 45-185m². Weitere bereits akquirierte Objekte konnten durch
die Drehscheibe Wohnraum erhalten werden, indem auslaufende Mietverträge
verlängert wurden. Dabei konnte dieser Erfolg trotz des Umstandes erzielt werden,
dass die Stelleninhaberin über ein Jahr umfassende Aufgaben der vakanten Stelle der
dezentralen Hausleitung im Bereich der Flüchtlingsunterbringung übernommen hat.
In der Datenbank der Drehscheibe Wohnraum waren zum August 2018 54
Bedarfsgemeinschaften als Mietinteressenten gemeldet. Darunter sind 16
Einzelpersonen, die sich am freien Wohnungsmarkt mit besonderen
Herausforderungen konfrontiert sehen.
Zwischenzeitlich sind die ersten Belegungen in einen direkten, unbefristeten
Mietvertrag übergegangen. Äußerst positiv ist, dass seitens der Stadt bisher kein
Mietausfall beglichen werden musste. Darüber hinaus, konnten zwei stationäre
Aufenthalte im Frauenhaus beendet und durch die neue Wohnsituation eine neue
Perspektive für die Familien geschaffen werden.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass sich die Akquise im Rahmen der für Ulm gültigen
Mietpreisobergrenze oftmals schwierig gestaltet. Die Transparenz der aktuellen
Marksituation und den aktuell angebotenen, sehr hohen Mietpreisen auf den OnlineImmobilienportalen spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Dennoch zeichnet sich ein
Erfolg durch die angebotenen Anreize (vgl. GD 163/17) für Vermietende ab.
Insbesondere die Betreuung des Mietverhältnisses durch eine städtische
Ansprechperson wird hier als äußerst positiv bewertet.
Konzeptbaustein 13
Die städtische Wohnraumakquise wird zur Fortführung der Konzepte Drehscheibe
Wohnraum und dezentrale Unterbringung von Geflüchteten dauerhaft implementiert
und die dafür erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt. Die Konzepte werden
regelmäßig evaluiert und bedarfsorientiert weiterentwickelt.
Für die Umsetzung des Konzeptbausteins ist die dauerhafte Bereitstellung der
Vollzeitstelle Wohnraumakquise erforderlich (Personalkosten pro Jahr ca. 90.000 €).
Auf Basis der bisherigen Projektausgaben geht die Verwaltung von einem notwendigen
jährlichen Sachkostenbudget von 25.000 € für Öffentlichkeitsarbeit und die Umsetzung
der Akquisemodule aus.
Wohnungslosenhilfeplanung und Statistik
Eine valide Datenbasis bildet die Grundlage für die stetige Weiterentwicklung des
Hilfesystems in Wohnungsnotfällen. Nur auf dieser Grundlage kann Steuerung und
Planung von notwendigen Angeboten erfolgen. Bisher existiert keine bundesweite
Wohnungslosenstatistik.
Am 16. Juli 2019 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales der
Bundesregierung den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer
Wohnungslosenberichterstattung vorgelegt. Der Gesetzentwurf beinhaltet die

- 41 -

Einführung einer bundesweiten Wohnungslosenstatistik. Explizites Ziel des Gesetzes ist
es, die Wissensbasis im Bereich Wohnungslosigkeit zu vergrößern.
Konzeptbaustein 14
Orientiert an der bundes- und landesweiten Statistik wird die Erhebung lokaler Daten
im Bereich der Wohnungsnotfallhilfe in Ulm definiert und eine Datenbasis entwickelt.
Sie stellt die Grundlage der strategischen Wohnungsnotfallhilfe in Ulm dar und ist
Voraussetzung für die Weiterentwicklung der sozialpolitischen Maßnahmen vor Ort.
Mit den weiterentwickelten Leitlinien für die strategische Wohnungsnotfallhilfeplanung
und daraus abgeleiteten Konzeptbausteinen setzen wir die konzeptionelle
Weiterentwicklung der Wohnungsnotfallhilfe in Ulm nachhaltig fort.
Durch intensivierte Bestrebungen im Bereich der Prävention wird das bestehende
System der Wohnungsnotfallhilfe angepasst mit dem Ziel, die Versorgung von
Menschen in besonderen Lebenslagen mit Wohnraum trotz des zunehmend
angespannten Wohnungsmarkts bestmöglich zu sichern. Der Schwerpunkt liegt dabei
auf einer verstärkten Ausrichtung der Angebote und Maßnahmen im Hinblick auf
Wirkungsorientierung, effektiverer Fallsteuerung und einer besseren Vernetzung der
Maßnahmen und Abläufe.
Alle Angebote dienen dazu, den Menschen, die sich selbst nicht helfen können, die von
Wohnungsnot bedroht oder betroffen sind, individuelle, personenzentrierte Hilfen und
Unterstützung anzubieten und ihnen Perspektiven aufzuzeigen.
Die Umsetzung der Konzeptbausteine erfolgt unter Beachtung der verfügbaren
Finanzmittel im jeweiligen Haushaltsjahr.
Die Verwaltung beantragt dem Beschlussantrag zuzustimmen.

- 42 -

7.

Verfahren bei der Vergabe stadteigener Grundstücke

7.1.

Konzeptvergabe Safranberg
Der Gemeinderat hat in der Wohnungsdebatte 2017 beschlossen, die Vergabe von
städtischen Grundstücken verstärkt an den verschiedenen sozialen, funktionalen und
inhaltlichen Qualitäten der angebotenen Konzepte auszurichten. Der Kaufpreis ist
dabei fix und spielt in der Bewertung der Kaufangebote keine Rolle. Beim Baugebiet
"Am Safranberg" wurde dieser Beschluss erstmals umgesetzt.
Die sogenannte „Ulmer Vergabe“ orientiert sich an den Grundzügen einer
Konzeptvergabe für Baugrundstücke. In Phase 1 des Verfahrens konnten sich
Investoren / Bauträger oder Arbeitsgemeinschaften (ArGe) mehrerer Bauträger durch
Abgabe der erforderlichen Konzeptunterlagen auf eines oder mehrere Baufelder
bewerben. Die Bewertung der eingereichten Konzeptvorschläge erfolgt mit Hilfe eines
Kriterienkataloges (vgl. Ziff. 7) und durch eine Jury. Der Höchstplatzierte erhält, nach
Zuschlagserteilung durch den Hauptausschuss der Stadt Ulm, eine "Exklusivität", d.h.
eine Reservierung für ein Baufeld, auf das er sich durch Abgabe eines
Konzeptvorschlags beworben hat. Im weiteren Verlauf der "Ulmer Vergabe" (Phase 2)
wird mit den Teilnehmern, die einen Zuschlag für ein Baufeld erhalten haben, eine
Planungskonkurrenz (Mehrfachbeauftragung) durchgeführt.
Bei Konzeptvergabeverfahren steht die Qualität der eingereichten
Bewerbungsunterlagen im Vordergrund der Vergabeentscheidung. Ziel ist es, nach
Maßgabe ausgewählter Kriterien, eine bestmögliche Lösung zu finden. Hierbei ist noch
nicht ein möglicher architektonischer oder städtebaulicher Entwurf relevant. Vielmehr
geht es um die durch das Vorhaben im Quartier entstehende „Stadtrendite“, also das,
was ein Projekt für ein Quartier an Qualitäten und Vielfalt mitbringt. Das beste
Konzept, unter allen eingereichten Vorschlägen, wird in einer Art
Wettbewerbsverfahren unter Berücksichtigung der Themenschwerpunkte
"Nutzungskonzept", "Städtebau/Architektur/Ökologie" und
"Energie/Technik/Mobilität" ermittelt.
Die Vergabe nach Konzeptqualität ist ein wesentliches Instrument, um die Umsetzung
sowohl wohnungspolitischer als auch umwelt- und / oder stadtentwicklungspolitischer
Ziele bei der Grundstücksvergabe zu ermöglichen. Bei insgesamt moderaten von der
Stadt aufgerufenen Grundstückspreisen können hier im Gegenzug Projektinhalte (wie
z.B. die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, besondere Investitions- und
Betriebsformen etc.), erreicht werden.
Die Konzeptvergabe liefert im Wesentlichen folgende Vorteile:





Festlegung eines transparenten Vergabeverfahrens nach definierten Kriterien
Möglichkeit der aktiven Beeinflussung der Nutzung der zukünftigen Bebauung
als auch des städtebaulichen, architektonischen, energetischen und
ökologischen Qualität
Sicherstellung vielfältiger Wohnformen und gemischter Bewohner- und
Nutzungsstrukturen
Förderung von Projekten von kleineren Genossenschaften und
Baugemeinschaften

Die Chancengleichheit im Wettbewerb wird durch eine anonyme Vorlage bzw. eine
neutrale Beurteilung der Wettbewerbsarbeiten durch eine breit aufgestellte Jury
gesichert. Die Entscheidung der Jury basiert auf den in der Auslobung genannten
Vergabekriterien. Die Jury ist an diese Kriterien gebunden; hat aber einen
Bewertungsspielraum.

- 43 -

Die Aufteilung der Baufelder am Safranberg für unterschiedliche Zielgruppen (Baufelder
1-4 für Investoren/Bauträger, Baufelder 5-7 für Baugemeinschaften) ist auf folgende
Gründe zurückzuführen:
Eine effiziente Organisation der Tiefgaragen im oberen Bereich erfordert relativ große
Baufelder (Baufelder 1-3)




Die relativ großen und aufwendigen Tiefgaragen im oberen Bereich sind nur für
finanziell starke und in Kooperationen organisierte Investoren und Bauträger zu
leisten
Für eine effiziente Baustellenorganisation des unteren Bereichs muss das
Baufeld 4 zügig beplant und möglichst zuerst bebaut werden
Die Baufelder 5-7 sind sowohl einzeln als auch in Kooperationen für
Baugemeinschaften umsetzbar.

Fazit:
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass für alle Grundstücke sehr ambitionierte
Bewerbungen eingegangen sind. Folgende Punkte konnten insbesondere erreicht
werden:









Anteil der geförderten Wohnungen zum Teil deutlich über 30 %
Zum Teil längere Bindungsfristen
Großer Anteil an genossenschaftlich organisierter Projekte
Intensive Nutzungsmischung mit vielen sozialen Aspekten
Hoher Energiestandard
Auf allen Gebäuden PV mit Mieter- / Eigentümerstrommodellen
Mehrere Holzbauprojekte und andere Ideen für ressourcenschonende Baustoffe
Realisierung von Fassadenbegrünungen und Nisthilfen

Insgesamt wurde damit eine große Vielfalt unterschiedlicher Konzepte erreicht, die ein
vielfältiges und gut durchmischtes Quartier erwarten lassen. Aufgrund der guten
Erfahrungen sollte die Vergabe von Geschossbaugrundstücken in anstehenden
Wohnungsbauprojekten in Ulm (Am Weinberg, Egginger Weg) im Grundsatz in
gleicher Weise organisiert und durchgeführt werden. Zu überlegen wäre, inwieweit das
gesamte Verfahren aufgrund den bisher gesammelten Erfahrungen weiterentwickelt
und ggf. auch effizienter gestaltet werden kann.
7.2.

Baugruppen
Information, Beratung und Unterstützung von BaugemeinschaftsInteressierten
In Ulm sind Baugemeinschaften - trotz einiger erfolgreicher Projekte - noch nicht als
preisgünstige und individuelle Alternative zum klassischen Eigentumserwerb über einen
Wohnungskauf etabliert. Das Interesse und die umgesetzten Projekte steigen aber
stetig. Mit Baugemeinschaften können vielfältige und von besonderem Engagement
getragene Projekte entstehen, die für das Wohnquartier oder den ganzen Stadtteil
besondere Qualitäten schaffen. Sie erfordern aber auch von allen Beteiligten ein hohes
Maß an Engagement, Zeiteinsatz und Professionalisierung. Daher haben sich der
Fachbereich 3 und die Liegenschaften verständigt, die Baugemeinschaften durch
besondere Informations- und Beratungsangebote zu unterstützen, um eine erfolgreiche
Vergabe des Baugebiets Safranberg auch für die Baugemeinschaften vorzubereiten:

- 44 -



Am 27.11.2017 wurde im Stadthaus in einer sehr gut besuchten
Abendveranstaltung über 200 Interessierte informiert, wie eine Baugemeinschaft
abläuft, welche juristischen Dinge zu beachten sind, welche Erfahrungen andere
Baugemeinschaften gemacht haben und welche Baugebiete in Ulm besonders
geeignet sein können.



Ab Anfang 2018 wurde im Fachbereich 3 eine Adress- und Projektliste
aufgebaut, um die Kontaktaufnahme und den Austausch unter
Baugemeinschafts-Interessierten zu erleichtern.



Am 01.02., 15.02. und 08.03.2018 wurden kostenlose Beratungsabende mit
einem Projektsteuerer für Baugemeinschaften aus Tübingen und einem Juristen
aus Ulm angeboten. Die Termine im Halbstundentakt waren komplett
ausgebucht.



Am 1.12.2018 wurde gemeinsam mit der vh Ulm ein ganztägiges Symposium
mit Referenten zu Ökologie, Finanzierung, Mietshäuser Syndikat,
Projektsteuerung und Rechtsformen mit etwa 80 Teilnehmern veranstaltet.

Vergabeverfahren Safranberg
In der Vorbereitung des Vergabeverfahrens lag ein besonderes Augenmerk auf Größe
und Zuschnitt der Baufelder, um - neben dem bereits vorhandenen Baurecht - eine
technische und wirtschaftliche Bebauung zu ermöglichen. Dies betraf insbesondere die
Organisation der Tiefgaragen in Hanglage und deren Aufteilung bzw.
Zusammenlegung durch mehrere Baugemeinschaften bzw. Bauträger. Ein weiterer
Fokus lag auf der Absicherung der gegenseitigen Abhängigkeiten von sehr
unterschiedlichen Projektbeteiligten wie Bauträger und Baugemeinschaften bei
möglicherweise gemeinsamer Realisierung.
Die unterschiedlichen Anforderungen führten zur Trennung der Baufelder für einerseits
klassische Bauträger und Wohnungsunternehmen und andererseits Baugemeinschaften
aus folgenden Gründen:


unterschiedliche Zeitabläufe für Bewerbung und Optionsvergabe



Verpflichtung zur Eigennutzung für Baugemeinschaften, dafür keine
Verpflichtung zu gefördertem Mietwohnraum



kein Architekturwettbewerb oder Mehrfachbeauftragung für
Baugemeinschaften



Ermöglichung von eigenständigen Tiefgaragen, trotzdem Kooperationen
zulassen

Das Vergabeverfahren startete für alle Arten von Investoren am Safranberg in einer
gemeinsamen Auftaktveranstaltung am 21.12.2018, teilte sich dann aber in
unterschiedliche Bearbeitungszeiträume, Abgabefristen und Jurysitzungen auf. Wie für
die "klassischen" Investoren wurde von den Baugemeinschaften für die Bewerbung
explizit ein Nutzungskonzept statt eines detaillierten Architekturkonzepts gefordert.
Statt Aussagen zur Gestaltqualität sollten die Verteilung der verschiedenen Nutzungen
und Wohnformen, die Organisation des Innenhofs, die Erschließung und das
Energiekonzept in schematischer Form beschrieben werden. Kriterien aus dem
wohnungspolitischen, städtebaulich-architektonischen und energetisch-technischen
Bereich dienen der Jury als Beurteilungsrahmen, aber auch unvorhergesehene und
unkonventionelle Ideen können in die Bewertung einfließen.

- 45 -

Ein Rückfragenkolloquium am 8.4.2019 gab die Möglichkeit, im persönlichen Gespräch
mit der Ausloberin Stadt Ulm offene Fragen zu besprechen, während das
Vergabeverfahren für die "klassischen" Investoren eine Beantwortung der Rückfragen
auf elektronischem Weg vorsah, um die Anonymität zu gewährleisten. Bis zum
Bewerbungsschluss am 16.7.2019 wurden fünf Bewerbungen von Baugemeinschaften
für drei Baufelder abgegeben, am 26.9.2019 entscheidet eine Kommission aus
Vertretungen der Fraktionen des Gemeinderates, der Verwaltung und externen
Fachleuten über die Rangfolge als Empfehlung für die Vergabe der Optionen im
Hauptausschuss. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass im Gebiet am Safranberg
annähernd 50 Wohneinheiten über das Modell der Baugemeinschaft realisiert werden.
Vorüberlegungen zum Vergabeverfahren Am Weinberg
Das Vergabeverfahren am Safranberg ist zum Zeitpunkt dieses Berichts für die
Wohnungsdebatte noch nicht abgeschlossen. Trotzdem lassen sich aus dem bisherigen
Prozess jetzt schon wichtige Erkenntnisse ableiten, die in die Vorbereitung des nächsten
Vergabeverfahrens Am Weinberg einfließen.
Als Resumée kann jetzt bereits zusammengefasst werden, dass das weiterentwickelte
Ulmer Vergabeverfahren mit einem besonderen Fokus auf den individuellen
Projektspezifika äußerst erfolgreich ist. Bei den Baugemeinschaften ließ sich bereits in
der vorbereitenden Phase der Information, Beratung und Unterstützung erkennen, wie
groß das Interesse ist. Sowohl bei den "klassischen" Investoren als auch bei den
Baugemeinschaften wurden besonders vielfältige Nutzungskonzepte zur Bewerbung
eingereicht.
Nach Vorschlag der Verwaltung soll das Konzeptvergabeverfahren Am Weinberg in den
wesentlichen Zügen beibehalten aber in Details angepasst werden. Hierzu beschäftigt
sich die Verwaltung - auch mit externer Fachunterstützung - aktuell mit folgenden
Fragen:
- Größe der Baufelder:
- Teilung der Baublöcke oder Vergabe als eine Einheit ?
- Organisation einer Tiefgarage für mehrere Eigentümer: Ankernutzerverfahren?
- Baugemeinschaften auf 1 Block konzentrieren oder auf verschiedene Blöcke verteilen?
- Gibt es Ausnahmen von der Verpflichtung zum Selbstbezug?
- z.B. möglich bei Vermietung 20 % unter ortsüblicher Vergleichsmiete?
- z.B. möglich bei Vergabe von Belegungsrechten durch die Stadt?
- Wie groß muss eine Baugemeinschaft zur Optionsvergabe aufgefüllt sein?
- z.B. mindestens 50 %?
- Wer ist der Vertragspartner für die Liegenschaften?
- z.B. nur die sich bewerbende Baugemeinschaft, aber nicht der Projektsteuerer?

- 46 -

8.

Fazit und Ausblick
Ulm ist eine wachsende Stadt. Die letzen Einwohnerverluste waren Mitte der 90er Jahre
zu verzeichnen. Seitdem gab es sowohl einen kontinuierlichen Zuwachs an Einwohnern
als auch an Arbeitsplätzen. Allein in den letzten 20 Jahren kamen mehr als 20.000
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Ulm dazu. Vorausgesetzt, die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern sich in den nächsten 10 bis 15 Jahren
nicht grundlegend, ist auch weiterhin mit einem Zuwachs an Arbeitsplätzen und damit
einhergehend auch mit Zuzug von außen zu rechnen. Dieser Zuzug generiert auch
zukünftig eine Nachfrage nach zusätzlichen Wohnungen.
Die damit erforderlich werdenden Wohnungen können in den nächsten 10 bis 15
Jahren nach derzeitigem Stand in ausreichender Zahl realisiert werden. Der
Flächennutzungsplan in Verbindung mit der Ulmer Bodenpolitik, einem
entsprechenden Flächenmanagement sowie einer intensiven Unterstützung von
privaten Innenentwicklungsprojekten sind hierfür die Grundlage.
Die Wanderungsgewinne in Ulm waren immer auch auf die so genannte
Bildungswanderung zurückzuführen. Auch hier ist davon auszugehen, dass insb. mit
dem weiteren Ausbau der Wissenschaftsstadt die stetigen Wanderungsgewinne
anhalten werden.
Flächenzuwächse und Ansiedlungen im gewerblichen Bereich werden in den nächsten
Jahren insbesondere im Ulmer Norden und in der Wissenschaftsstadt zu erwarten sein.
Aber auch in der Weststadt, dem Bereich CityBahnhof und Theaterviertel und im
Industriegebiet Donautal ist davon auszugehen, dass durch Umstrukturierung und
Innenentwicklung weitere Arbeitsplätze entstehen werden.
Ein Wegzug von jungen Familien ist im Saldo seit vielen Jahren zu verzeichnen. Hier
sollte auch weiterhin durch die städtischen Regelungen zur Errichtung von öffentlich
gefördertem Wohnraum, den Bau von großen, familienfreundlichen Wohnungen und
über die Ulmer Konzeptvergabe versucht werden, diesen Wegzug zu verringern. Bei
der künftigen Quartiersentwicklung sind die Bedarfe von jungen Familien (privater und
halböffentlicher qualifizierter Freiraum, verkehrsarme öffentliche Räume mit guten
Aufenthaltsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche, kurze Wege zur möglichst
einfachen Organisation von Beruf und Familie, etc.) besonders zu berücksichtigen. Um
den Flächenverbrauch nicht weiter zu erhöhen, wäre eine relevante Erhöhung der
jährlichen Bereitstellung von Einfamilienhausbauplätzen aus Sicht der Verwaltung nicht
der richtige Weg. Auch in Hinblick auf Natur und Landschaft, aber auch auf verfügbare
Ressourcen für künftige Entwicklungen sollten Flächen im Außenbereich möglichst
zurückhaltend in Anspruch genommen werden.
Gerade im gewerblichen Bereich ist abzusehen, dass trotz der noch vorhandenen
Flächenreserven im Flächennutzungsplan mittel- bis langfristig weitere Gewerbegebiete
ausgewiesen werden müssen. In Frage kommen hier Gebiete im Bereich
Wissenschaftsstadt, Buchbrunnenweg/ Albstraße und im Ulmer Norden. Im Rahmen
der Fortschreibung des Regionalplans Donau-Iller werden hierzu erste Vorschläge zu
erwarten sein, die noch intensiv diskutiert werden müssen.
Entscheidend wird insbesondere auch die Frage sein, wann die Grenze des äußeren
Wachstums der Stadt Ulm erreicht ist, bzw. „wo“ diese gesetzt werden soll. Denn
eines ist klar: Das Tempo und der Umfang der Siedlungsentwicklung der letzten 70
Jahre kann sich nicht lange ungebremst fortsetzen.
Die Frage nach der Grenze des räumlichen Wachstums stellt sich vor dem Hintergrund
zahlreicher Aspekte, wie z.B.:


dem Verhältnis von Siedlungsfläche und offener Landschaft

- 47 -



der Nutzungskonkurrenz mit Landwirtschaft und Forsten



der ökologischen Leistungsfähigkeit im Stadtgefüge



der Leistungsfähigkeit des Hauptstraßennetzes



der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Nahverkehrs und



der Belastungsgrenze der technischen und sozialen Infrastruktur

Vor diesem Hintergrund sollte perspektivisch die Frage in den Blick genommen werden,
welche Zukunftsszenarien einer nachhaltigen und tragfähigen Stadtentwicklung für
Ulm grundsätzlich bestehen.
Unabhängig von diesen eher übergeordneten Fragestellungen sind die Zielsetzungen
mit den bisherigen Beschlüssen zur Wohnungsdebatte aus Sicht der Verwaltung richtig
formuliert und sollen auch in Zukunft Grundlage für die Entwicklung bleiben. Im
Zusammenhang mit den oben erläuterten Rahmenbedingungen und den im Teil 1 der
Wohnungsdebatte mit Vorlage 252/19 dargestellten Ergebnissen sollen ergänzend
folgende Punkte für die kommenden Jahre fokussiert werden:


Schwerpunktsetzung bei der Vergabe von Grundstücken auf Gesellschaften, die
dauerhaft die Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum als Handlungsziel
verfolgen (kommunale Wohnungsbauunternehmen, Genossenschaften,
entsprechend verfasste Privatgesellschaften)



Unterstützung von Konzepten mit kompakten Grundrissen, um über die
Reduzierung der Wohnfläche eine entsprechende Reduzierung der Miethöhe zu
erreichen



Förderung der Realisierung von differenziert integrierten Kleinstwohnungen,
besonders im geförderten Bereich zur Versorgung von Single-Haushalten mit
niedrigem Einkommen



Besondere Berücksichtigung von Familien mit Kindern bei der Realisierung von
Baugemeinschaftsprojekten

- 48 -

9.

Anträge

9.1.

Antrag Nr. 19 / 19 der CDU-Fraktion
Die im Antrag angeregte Förderung von bezahlbarem Wohnraum zur Eigennutzung,
wird durch die Verwaltung unterstützt und konsequent verfolgt. Dazu gehört u. a. die
Einführung der Ulmer Konzeptvergabe, in der auch explizit Bauplätze an private
Baugemeinschaften vergeben werden. Die detaillierte Vorgehensweise wird unter den
Ziffern 6.1 und 6.2 erläutert.
Weiterhin wurde im Antrag auf den Verkauf von UWS-Wohnungen, an interessierte
Mieter zur Eigennutzung hingewiesen. Diesbezüglich verkauft die UWS seit vielen
Jahren regelmäßig einzelne Wohnungen aus teilprivatisierten Beständen. Dies geschieht
immer dann, wenn Mieter ausziehen und die Wohnung leer ist. Zuvor wurden diese
Wohnungen stets den Mietern zum Erwerb angeboten. Die Angebote wurden in
diesen Fällen jedoch überwiegend nicht angenommen.
Darüber hinaus ist jedoch nicht geplant weitere Wohnanlagen der UWS zu
privatisieren. Es besteht Konsens darüber, dass die UWS im Lichte der aktuellen
Wohnungsmarktentwicklung ihr Mietwohnungsangebot deutlich ausweiten muss, um
ihrer Rolle als großer Mietwohnungsanbieter in Ulm dauerhaft gerecht zu werden. Die
damit verbundenen positiven Effekte auf das Mietwohnungsangebot, den Mietspiegel,
die sozialen Strukturen in den Stadtteilen würden bei einer Teilveräußerung des
Bestandes langfristig nicht mehr in dem Maße erfüllt werden können.
Erfahrungsgemäß gehören gerade ältere Mietwohnungen zu den eher kostengünstigen
Mietwohnungen im Bestand der UWS, die damit auch langfristig eine Bereitstellung
von preiswertem Wohnraum ermöglichen. Bei einem Verkauf stünden diese
Wohnungen für dieses Mietsegment nicht mehr zur Verfügung.
Zur Maßnahme, Baugrundstücke und Teilflächen großer Baugebiete schneller zu
erschließen und zu vergeben ist anzumerken, dass die Stadt Ulm seit Jahren erfolgreich
Baugebiete in Bauabschnitten bzw. Teilen realisiert. Dies ermöglicht eine
kontinuierliche Entwicklung einzelner Gebiete, ohne die technischen und sozialen
Infrastrukturen zu überlasten. Diesbezüglich sind unter anderem die Baugebiete
"Dichterviertel", "Eschwiesen", "Unter dem Hart" und "Am Weinberg" zu nennen.
Allerdings ist zur Gewährleistung einer langfristigen Qualität der entstehenden
Quartiere auch künftig eine intensive Auseinandersetzung mit Teilaspekten der
Entwicklung erforderlich, die gerade in der Innenentwicklung nicht verzichtbar ist.
Zum Thema der Verkaufspreise von Bauträgern auf städtischen Grundstücken ist
anzumerken, dass die Stadt ihre Möglichkeiten zum Bau geförderter Wohnungen
weiterhin intensiviert. Zudem wird auf die Ziffer 5.1 aufgeführten Maßnahmen zur
Eigentumsbildung und Förderung junger Familien hingewiesen. Eine darüber
hinausgehende finanzielle Förderung von Eigentumsmaßnahmen durch die Stadt Ulm
ist nicht angedacht.

9.2.

Antrag Nr. 24 / 19 der SPD-Fraktion
Die im Antrag beschriebenen Vorschläge einer aktiven und sozialverträglichen
Wohnungsbaupolitik werden regelmäßig zwischen Verwaltung und
Wohnungswirtschaft rückgekoppelt. Diesbezüglich soll die UWS auch weiterhin eine
wichtige Rolle im Wohnungsmarkt der Stadt Ulm einnehmen. Um dies dauerhaft zu
gewährleisten, müssen alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen bzw. erhalten
werden.

- 49 -

Zum Thema Stärkung kommunaler Unternehmen wird auf folgende Punkte
verwiesen:
1 a) Die UWS prüft laufend den Markt um ggf. Objekte anzukaufen. Dies
gelingt in einigen Fällen, in vielen Fällen ist jedoch der derzeit geforderte
Erwerbspreis wirtschaftlich nicht darstellbar. Die UWS achtet bei allen
Ankäufen und Erwerben darauf, eine nachhaltige Refinanzierung
sicherzustellen.
1 b) Derzeit kann die UWS ihre Neubauinvestitionen gut mit Eigenkapital ausstatten.
Um dies dauerhaft zu gewährleisten, müssen insbesondere die erwirtschafteten
Jahresüberschüsse im Unternehmen verbleiben, um die vorhandene
Eigenkapitalbasis langfristig zu stärken und ein nachhaltiges
Unternehmenswachstum zu ermöglichen.
1 c)

Die UWS prüft regelmäßig die Möglichkeiten in den Ortschaften Mietwohnungen
im Geschosswohnungsbau zu errichten. Neben der eingeschränkten
Verfügbarkeit an geeigneten Geschossbaugrundstücken stehen insbesondere
Gründe einer effizienten Projektabwicklung und einer ausreichenden
Projektgröße entgegen. Bei Berücksichtigung knapper interner und externer
Ressourcen zu Umsetzung von Bauvorhaben liegt der Fokus derzeit auf der
Kernstadt. Wenn es bei Berücksichtigung der Rahmenbedingungen möglich ist,
prüft die UWS im konkreten Einzelfall ein mögliches Neubauengagement in
den Ortsteilen.

1 d) Ein Hauptziel der UWS ist und bleibt die aktive Beteiligung in allen Baugebieten
und damit einhergehend einen Beitrag zu lebendigen und durchmischten
Stadtquartieren zu leisten.
1 e) Das Modell der Zwischenanmietung durch die UWS (bei Einzelvermietern) wurde
bereits bei der Erschließung von Wohnraum für Geflüchtete praktiziert. In
Sondersituationen ist dies möglich, für eine flächige Wirkung jedoch eher
ungeeignet. Große Mengeneffekte an neuem Wohnraum sind nicht zu erwarten,
da einer Vermietung in der benannten Vermieterzielgruppe oft andere Gründe
entgegenstehen. Darüber hinaus ist eine befristete Vermietung mietrechtlich nur
eingeschränkt und bei bestimmten Zielgruppen möglich.
1 f)

Die UWS ist als größter Wohnungseigentümer in Ulm, ein verlässlicher Partner
wenn es um das Thema bezahlbarer Wohnraum geht. Dies spiegelt auch die Liste
von Neubauvorhaben der nächsten Jahre wieder (GD 252/19, Ziffer 3.4).
Die PEG ist hingegen für Aufgaben im Bereich der Projektentwicklung und hier
insbesondere im gewerblichen Segment zuständig. Die Aufgaben im
Wohnbausektor können auch zukünftig durch die örtliche und regionale
Wohnungswirtschaft umgesetzt werden.
Sofern Privatanleger im Wohnungsbereich aktiv werden möchten, können sie
dies auch weiterhin durch Eigeninvestitionen in Wohnbauprojekte tun.

Der Beitrag von Bauträgern und Investoren zum sozialverträglichen
Wohnungsbau
2 a) Hier wird inhaltlich auf die Ziffern 6.1 und 6.2 verwiesen.
2 b) Um langfristig bezahlbare Mieten zu sichern, wurden die Einflussmöglichkeiten
der Kommune Stadt bereits im Teil 1 der Wohnungsdebatte 2019 (GD 252/19)
beschrieben. Diesbezüglich wird auf die Ziffer 4 (GD 252/19) verwiesen.
2 c)

Das Ergebnis des Expertengesprächs zwischen Bauträgern und Verwaltung hat
ergeben, dass die städtischen Richtlinien ohne Veränderungen beibehalten

- 50 -

werden können (s. Ziffer 4). Zudem ist aus Sicht der Verwaltung eine
durchgängig hohe Quote von 50 % geförderter Wohneinheiten im Hinblick auf
die soziale Verträglichkeit sowie die wirtschaftliche Umsetzbarkeit kritisch zu
sehen. Auch die UWS realisiert in ihren Projekten insbesondere aus Gründen der
sozialen Mischung meist einen Anteil von deutlich unter 50%.
Rechtliche Möglichkeiten ausschöpfen
3 a) Der Beschluss zur Fertigstellung von 700 WE / a (GD 090/16), bildet die
Grundlage zur Steigerung der Wohnbautätigkeit in Ulm. Aus Sicht der
Verwaltung werden die rechtlichen Grundlagen durch eine erhöhte Ausweisung
neuer Wohngebiete sowie der dazugehörigen Satzungen von Bebauungsplänen
gegeben. Dies hat ggf. auch unvorhersehbare Anpassungsmaßnahmen zur Folge
(s. Ziffer 2.5).
Weiterhin wird die Verwaltung in einem der nächsten Fachbereichsausschüsse
Stadtentwicklung, Bau und Umwelt, dem Gemeinderat den Beschluss zur
Stellplatzsatzung "Am Weinberg" und "Dichterviertel" vorstellen. Im Mittelpunkt
steht die Reduzierung des Stellplatzschlüssels im Bereich des geförderten
Wohnungsbaus.
3 b) Die Verwaltung hat die Anwendung einer Zweckentfremdungssatzung geprüft
und ist zum Ergebnis gekommen, dass diese aufgrund einer nicht relevanten
Größenordnung kein wirksames Mittel darstellt. Ein Vergleich mit anderen
Zweckentfremdungsverordnungen der Städte Stuttgart und Freiburg hat gezeigt,
dass die Wirksamkeit als ernüchternd einzustufen ist.
3 c)

Hier wird inhaltlich auf die Ziffern 6.1 und 6.2 verwiesen.

3 d) Die Liegenschaftspolitik der Stadt Ulm hat sich bis heute bewährt. Dies haben
Auswertungen in der Wohnungsdebatte 2016 (GD 090/16) gezeigt. Die
Kosten der Baugrundstücke sind vergleichsweise niedrig im Gegensatz zu
anderen süddeutschen Großstädten (Quelle LBS-Studie "Markt für
Wohnimmobilien 2014). Ein Abweichen von der Ulmer Bodenpolitik wird aus
Sicht der Verwaltung als nicht notwendig erachtet.
Werkswohnungen fördern
Die Realisierung von Werkswohnungen ist sicherlich eine Möglichkeit, Investitionen auf
dem Wohnungsmarkt zu intensivieren und bei entsprechendem Engagement von
Ulmer Unternehmen möglich. Allerdings steht die Umsetzung immer auch in
Konkurrenz zur inhaltlichen Qualität anderer Investoren. Aufgrund des Mietrechtes und
der entsprechenden Belegung der Wohnungen sind vermutlich auch
"Werkswohnungen" eher dem normalen Mietwohnungsmarkt zuzuordnen. Die Stadt
wird im Rahmen der Konzeptvergabe die inhaltlichen Qualitäten entsprechender
Bewerbungen prüfen.
Inwiefern die Nachfrage nach Werkswohnungen besteht und welche Betriebe
Planungen in diesem Bereich verfolgen, kann abschließend nicht geklärt werden, die
Verwaltung wird eine entsprechende Abfrage bei den großen Ulmer Unternehmen
durchführen.
Mit der städtischen Konzeptvergabe ist ein weiteres Instrumentarium eingeführt
worden, an denen sich grundsätzlich Ulmer Unternehmen beteiligen können.
Städtische Projekte beschleunigen
5 a) Die der Bleidornkaserne wird mind. bis 2025 im Besitz der Bundeswehr
verbleiben. Dies geht laut der aktuellen Übersicht zur Standortschließung in

- 51 -

Deutschland hervor (s. Ziffer 3.1). Ob eine Teilbebauung des Areals mit
Wohnungen inklusive Belegungsrechten umsetzbar ist, kann derzeit nicht geklärt
werden. Für die UWS wäre es vorstellbar, den früheren Erwerb des Areals an die
teilweise Herausgabe von Belegungsrechten zu koppeln.
5 b) Der Masterplan Kuhberg gilt weiterhin und wird vom Grunderwerb verfolgt.
5 c)

Die Entwicklung der Stockmahd wird durch die Verwaltung weiter verfolgt. Eine
Mehrfachbeauftragung soll klären welches bauliche Maß in diesem Bereich
vertretbar ist und wie das Bauvorhaben im Bestand integriert werden kann.

Zum Thema Vorkaufsrecht wird im Detail auf die Beantwortung des Antrags 54 der
CDU-Fraktion vom 08.03.2019 und die Ausführungen unter Ziffer 5.2 verwiesen.

9.3.

Antrag Nr. 46 / 19 der CDU-Fraktion
Die Stadt Ulm besitzt nach aktueller Flächenbilanzierung noch ca. 140 ha
Wohnbaufläche (s. Ziffer 3.3). Im Zuge der stadtklimatologischen Untersuchung (GD
438/18) hat sich herausgestellt, dass alle Wohnbauflächen die aktuell im FNP
ausgewiesen sind, grundsätzlich umsetzbar sind.
Bei der Aufstellung des FNP 2010 lag jedem Baugebiet eine stadtklimatologische
Untersuchung zu Grunde. Zukünftig ist geplant bei allen größeren Bauvorhaben, vor
allem in Bereichen von Kaltluftleitbahnen eine detaillierte stadtklimatologische
Voruntersuchung durchzuführen. Baugebiete der Innenentwicklung können in der
Regel ohne eine Änderung des Flächennutzungsplans realisiert werden.
Um Familien das Wohnen in der Stadt zu ermöglichen, wurde in der Wohnungsdebatte
2011 (GD 144/11) beschlossen bis 2016 mind. 33 % aller Geschosswohnungsbauten
als 4- und mehr-Zimmerwohnungen zu errichten. Die Fertigstellungszahlen großer
Wohnungen sind ab 2014 messbar gestiegen (s. Ziffer 2.3). Dies ist als klarer Erfolg der
Wohnungsdebatte 2011 zu verzeichnen. 2018 haben erstmals die 4- und mehrZimmerwohnungen, das Segment der 3- Zimmer-Wohnungen übertroffen.
Ein Großteil aller fertiggestellten Wohnungen ist im Bereich der klassischen 2- und 3Zimmer-Wohnungen zu finden. Im Zuge der ALP-Studie (Anlage 1 zur GD 252/19)
wurde überschlägig festgestellt, dass es bereits heute einen Mangel an kleineren
Wohnungen gibt (1-2-Zimmer-Wohnungen). Die Gründe sind unter der Ziffer 5.1.
erläutert.

9.4.

Antrag Nr. 54 / 19 der CDU-Fraktion
Zu der in Antrag Nr. 54 angesprochenen Thematik vergleiche ebenso die Ausführungen
in Ziffer 5.2.
Vorbemerkung
Im Zuge der Industrialisierung wurde in Ulm in den 1890er Jahren die bis heute
konsequent verfolgte Ulmer Boden- und Baulandstrategie begründet. Damals wurde
u.a. begonnen mit dem Bau von Arbeitereigenheimen in der Ulmer Oststadt nahe der
Fabriken die einen hohen Personalbedarf zu verzeichnen hatten.
Damals wurde aber ebenso begonnen mit einem systematischen aktiven Aufkauf
unbebauter Grundstücke im Außenbereich um den Besitz der Stadt und der Stiftung zu
mehren. Beide wurden wiederum seit dem 13. Jh. aufgebaut, um vorbereitet zu sein

- 52 -

für Aufgabenerfüllungen der Stadt mittels Verfügbarkeit von kommunalem
Grundbesitz.
Diese aktive Herangehensweise, was Erwerb von Grundstücken und Gebäuden betrifft,
wird angesichts des aktuellen großen Drucks bei den Gewerbe- und Wohnbau-flächen
am starken Wirtschaftsstandort in der Region Ulm weiter mit Nachdruck verfolgt. Der
Gemeinderat stellt dafür erhebliche Mittel zur Verfügung.
In den Orts- und Stadtteilen, bei der Neugestaltung von Ortsmittelpunkten, bei der
Neugestaltung von Stadtquartieren in Sanierungsgebieten, selbst in der Ulmer City (vgl.
Projekt Sedelhöfe) ist es dieser Bodenstrategie immanent, dass auf freiwilliger Basis
versucht wird, in teilweise sehr zeitintensiven Prozessen und Gesprächen, Grundstücke
und Gebäude aktiv aufzukaufen.
Die Stadt Ulm agiert am Bodenmarkt.
Somit ist zu erkennen, worin der grundsätzliche Unterschied zum Vorkaufsrecht nach
§ 24 ff. BauGB besteht:
Dabei handelt es sich um ein Reagieren der Städte und Kommunen, nämlich immer
dann, wenn ein Grundstück oder Gebäude bereits zwischen zwei Parteien im
Grundstücksverkehr den Eigentümer gewechselt hat und die Stadt dann in Verfolgung
ihrer Rechte überlegt, ob sie in diesen ausverhandelten Vertrag eintritt durch Ausübung
des Vorkaufsrechts.
Diese vollkommen unterschiedlichen Herangehensweisen gilt es zu bedenken, wenn
man sich vertieft dem Thema Vorkaufsrecht für Städte und Kommunen widmet und
sich damit befasst.
Neue Gebiete für ein Vorkaufsrecht
im Jahre 2018 wurde beispielsweise auf Vorschlag der Verwaltung vom Gemeinderat
beschlossen, die älteren Gewerbegebiete im Ulmer Westen mit einem Vorkaufsrecht
zugunsten der Stadt Ulm zu belegen. Die Begründung der Ausweisung dieser
Satzungen basierte auf der umfänglichen Untersuchung "Gewerbe in der Stadt" in
Kombination mit den bestehenden Bebauungsplänen.
In Ulm gibt es bereits eine Vielzahl von größeren Vorkaufsrechtsgebieten mit
unterschiedlichen Zielsetzungen. 22 Gebiete sind im Laufe der vergangenen 40 Jahre
festgelegt worden. Das Vorkaufsrecht darf grundsätzlich nur zur Erreichung der
formulierten Ziele ausgeübt werden.
Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf die umfangreichen Möglichkeiten des
allgemeinen Vorkaufsrechts, wie beispielsweise:





§ 24 Abs. 1 Nr. 3: in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und
städtebaulichen Entwicklungsbereich
§ 24 Abs. 1 Nr. 4: im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung
§ 24 Abs. 1 Nr. 5 im FNP dargestellte „geplante Wohnbauflächen“ im
Außenbereich
Und in § 24 1 Nr. 6: in Gebieten, die nach § 30, 33 oder § 34 Abs. 2 BauGB
vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die
Grundstücke unbebaut sind

Gegenwärtig bemüht sich der Deutsche Städtetag um Verbesserungen bei den
gesetzlichen Regelungen zum kommunalen Vorkaufsrecht im Baugesetzbuch.
Die Ausweisung neuer Gebiete erfordert eine fundierte Begründung.

- 53 -

Für ein besonderes Vorkaufsrecht muss gem. § 25 BauGB stets eine konkrete
städtebauliche Maßnahme beabsichtigt sein, um ein besonderes Vorkaufsrecht
begründen zu können. Gem. BauGB-Kommentierung sind jedoch städtebauliche
Entwicklungskonzepte und sonstige informelle Planungen, auch wenn sie gem. § 1
Abs. 6 Nr. 11 BauGB von der Gemeinde beschlossen worden sind, keine
„städtebaulichen Maßnahmen“ im Sinne des § 25 Abs. 1 S.1 Nr. 2 BauGB.
Städtebauliche Maßnahmen sind z.B.:
1.

Die geplante Aufstellung eines Bebauungsplans

2.

Stadtumbaugebietsmaßnahmen oder aber z.B. auch

3.

Städtebauliche Maßnahmen zur sozialen Stadt

Wenn also bspw. in einem Quartier mit einem Rahmenplan eine Satzung über ein
besonderes Vorkaufsrecht beschlossen werden soll, müsste die Aufstellung eines
Bebauungsplans für den entsprechenden Bereich in Erwägung gezogen werden.
Die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts
Die Stadt Ulm steigt zu den Bedingungen des bereits abgeschlossenen notariell
beurkundeten Kaufvertrages zwischen zwei Privaten in diesen Vertrag ein.
Dies ist die gegenwärtige Rechtslage:




Zu dem im Kaufvertrag vereinbarten und festgeschriebenen Preis
Innerhalb der knappen Frist von 2 Monaten
Außerdem mit der Unsicherheit, dass der Käufer das Vorkaufsrecht über eine
sog. Abwendungsvereinbarung abwehren kann indem er sich den
städtebaulichen Zielen der Kommune unterwirft.

Vorkaufsrechte wurden in der Vergangenheit wie folgt von der Stadt Ulm
wahrgenommen:
1.
2.

9.5.

Ausübung des Vorkaufsrechts:
Abschluss einer sog. Abwendungsvereinbarung:

Pro Jahr 1
Pro Jahr ca. 2 - 3

Antrag Nr. 82 / 19 der CDU-Fraktion
Hier wird inhaltlich auf die Ausführungen unter der Ziffer 4, Ergebnisse des
Expertengesprächs "Wohnungsbau in Ulm" verwiesen.

9.6.

Antrag Nr. 110 / 19 der SPD-Fraktion
Die im Antrag genannten Möglichkeiten der Aufstockung bzw. Überplanung von
Nicht-Wohngebäuden wie Discountern und Supermärkten bieten zweifelsfrei
Potenziale für den Wohnungsbau. Die Möglichkeiten innerstädtische Flächen zu
überbauen hängt vielfach mit dem fehlenden Grunderwerb der Grundstücke

- 54 -

zusammen. Insofern unterstützt die Verwaltung Bauträger und Gesellschaften wie die
UWS, oben genannte Flächen zu aktivieren und einer Mischnutzung zuzuführen.
Insbesondere in der Wielandstraße wäre eine entsprechende Entwicklung
wünschenswert und besitzt große Potenziale für die Wohnbauentwicklung. Die
Verwaltung wird auf die Eigentümer zugehen, inwieweit eine Projektentwicklung
denkbar ist.
Derzeit sind folgende Projekte in Planung bzw. Realisierung:


Neubauareal "Sedelhöfe", Integrierung eines Lebensmittelmarktes sowie
Einzelhandel und Büros



Neubauvorhaben der UWS, Söflinger Straße / Kässbohrerstraße, Integration eines
Discounters sowie Einzelhandel



Neubauvorhaben Realgrund AG, Karlstraße / Neutorstraße, Integration eines
Lebensmittelmarktes



Neubebauung einschließlich Wohnnutzung des Lidl-Marktes in der
Wörthstraße/Elisabethenstraße