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Beschlussvorlage

                                    
                                        Stadt Ulm
Beschlussvorlage

Sachbearbeitung

SUB - Stadtplanung, Umwelt, Baurecht

Datum

06.03.2023

Geschäftszeichen

SUB III-Rz

Beschlussorgan

Fachbereichsausschuss Stadtentwicklung, Bau
und Umwelt

Behandlung

öffentlich

Betreff:

Blau.Quartier - Mitte, West
- Zustimmung zu den Inhalten der Auslobung zu einem nichtoffenen
zweiphasigen, kooperativen Gutachterverfahren -

Anlagen:

1 Plangebiet Blau.Quartier - Mitte, West (2. BA)

Sitzung am 28.03.2023

TOP

GD 088/23

(Anlage 1)

Antrag:
Den Inhalten der Auslobung des Gutachterverfahrens für den 2. Bauabschnitt des Blau.Quartiers
(Bereich Mitte, West) zuzustimmen.

Christ

Zur Mitzeichnung an:
BM 3, C 3, LI, VGV

Bearbeitungsvermerke Geschäftsstelle des
Gemeinderats:
Eingang OB/G
Versand an GR
Niederschrift §
Anlage Nr.

-2-

Sachdarstellung:
1.

Kurzdarstellung
Der Handelsstandort Blautal-Center steht vor einer grundlegenden Transformation. Die
Eigentümerin und Vorhabenträgerin Blautal Grundstück GmbH, Berlin plant die gesamte
Grundstücksfläche von ca. 6,6 ha in ein belebtes Stadtquartier mit unterschiedlichen
Nutzungsformen und -konzepten aus Gewerbe, Handel, Wohnen, sozialen und kulturellen
Einrichtungen, Praxen und Freizeiteinrichtungen mit integrierten Mobilitätskonzepten
umzubauen. Aufgrund der Größe und Komplexität muss die Entwicklung des Areals
stufenweise erfolgen. Anvisiert ist ein Zeitraum von ca. 10 Jahren.
Für einen ersten Bauabschnitt im Osten des Grundstücks wurde nach dem
Grundsatzbeschluss im Gemeinderat im März 2022 ein Werkstattverfahren mit dem von
der Vorhabenträgerin beauftragten Architekturbüro Maas & Partner, dem Vorsitzenden
des Ulmer Gestaltungsbeirates Prof. Lorenzen sowie der Verwaltung durchgeführt. Aktuell
steht die Aufstellung des Bebauungsplanes für den Bauabschnitt Ost an.
Seit Anfang des Jahres hat die Vorhabenträgerin gemeinsam mit der Verwaltung unter
Hinzuziehung des Architekturbüros Faltin+Sattler die Auslobung für ein kooperatives
Gutachterverfahren zur Entwicklung eines Masterplans für den Bereich Mitte/West
vorbereitet. Der städtebauliche Masterplan soll die Grundlage für die nachfolgende
Bauleitplanung einzelner Bauabschnitte bilden.

2.

Bisherige/geplante Beschlüsse
- Gemeinderat am 22.03.2022 (GD 032/22) - Grundsatzbeschluss Blautalcenter
- Gestaltungsbeirat der Stadt Ulm am 22.07.2022
geplant:
- Fachbereichsausschuss StBU am 28.03.2023 (GD 057/23) - Empfehlung an den SUN zur
Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans "Blau.Quartier - Bauabschnitt Ost"
- Stadtentwicklungsverband Ulm / Neu-Ulm am 30.03.2023 - Beschluss zur Aufstellung
des vorhabenbezogenen Bebauungsplans "Blau.Quartier - Bauabschnitt Ost" und zur
frühzeitigen Beteiligung

3.

Städtebauliche Situation
Das Gesamtareal mit rund 6,6 ha befindet sich an der Blaubeurer Straße 95 (Flurstück Nr.
314) und liegt südlich der ost-west-gerichteten Hauptverkehrsachse Blaubeurer Straße. Es
erstreckt sich von der Jägerstraße bis zur Magirusstraße. Im Süden schließen die
uferbegleitenden Grünflächen der Blau an. Das Bestandsgebäude umfasst rund 44.500 m²
BGF und ist vollständig mit einer Tiefgarage unterbaut. Das Grundstück ist bisher über
zwei Zufahrten von der Blaubeurer Straße und der Magirusstraße aus erschlossen.
Als "Initialzündung" wird auf einer Fläche von rund 2 ha zunächst im Osten des Areals ein
erster Baustein entwickelt (auf GD 057/23 wird verwiesen). Darauffolgend soll auch die
westlich angrenzende Bausubstanz transformiert und in weiteren Bauabschnitten nach
und nach entwickelt werden.

-34.

Kooperatives Gutachterverfahren für das Blau.Quartier - Mitte, West (2.BA)

4.1.

Verfahren

4.1.1.

Verfahrensart
Die Vorhabenträgerin als Ausloberin plant in enger Abstimmung mit der Verwaltung ein
nichtoffenes, zweiphasiges, kooperatives Gutachterverfahren mit maximal 4
Planungsteams – jeweils Architekt/innen mit Landschaftsarchitekt/innen. Die Abgabe der
Leistungen erfolgt aufgrund der Komplexität der Anforderungen an das Projekt nicht
anonym. Teil des Verfahrens sind Einzelpräsentationen vor der Jury (Fachexpert/innen
extern und aus der Verwaltung, Sachexpert/innen der Fraktionen des Ulmer
Gemeinderates und der Ausloberin) zur jeweiligen Jurysitzung.

4.1.2.

Verfahrensziel
Ziel ist die Erreichung eines städtebaulichen Rahmenplans mit integrierter
Freiraumplanung als Vorstufe zum Rechtsplan bzw. zu Rechtsplänen nach BauGB. Die
Rahmenplanung beinhaltet die ganzheitliche, gestalterische, strategische und
konzeptionelle Bearbeitung und integrierte Darstellung aller wesentlichen städtebaulichen
Elemente zu einer räumlichen Entwicklung. Sie macht Aussagen insbesondere zu baulichräumlichen, gestalterischen, funktionalen, verkehrlichen und freiräumlichen Dimensionen.

4.1.3.

Verfahrensterminierung
Eine Juryvorbesprechung und das Kolloquium mit den Planungsteams ist in der ersten
Aprilhälfte 2023 vorgesehen, so dass im Juni die erste (Zwischenkolloquium) und nach der
Sommerpause die zweite Jurysitzung stattfinden könnte. Die Terminierung befindet sich
noch in Abstimmung.

4.2.

Städtebauliche Zielvorstellungen als Grundlage für das kooperative
Gutachterverfahren

4.2.1.

Allgemein
Da das Plangebiet innerhalb sehr heterogener Umgebungsstrukturen liegt, sollen ein
kraftvoller, eigenständiger Charakter und eine dem Nutzungstypus -eines modernen,
gemischten, belebten Quartiers- angemessene Körnigkeit sowie eine Freiraumkonzeption
mit einer hohen Aufenthaltsqualität entwickelt werden. Die Planung muss eine
abschnittsweise Realisierung ermöglichen.
Die neuen Gebäudestrukturen müssen einen Beitrag zur flächensparenden und
nachhaltigen Verdichtung leisten. Ökologische Maßnahmen im Sinne eines
Klimaanpassungskonzeptes sollen -trotz des bestehenden hohen Versiegelungsgradesintegrativer Bestandteil der Planung werden.
Neben robusten Nutzungen zu den umgebenden, stark befahrenen Straßen und
gewerblichen Arealen in der Nachbarschaft, soll vor allem nach Süden in Richtung Blau
verstärkt Wohnnutzung entstehen. Die Stadteingangslage am westlichen Grundstücksrand
könnte mit der Gesamtmaßnahme eine besondere Betonung erfahren.
Die bestehende Untergeschossebene (Tiefgaragenstellplätze) soll erhalten bleiben. Die
Verwendung weiterer Bauteile ist denkbar, gewünscht und Teil der planerischen
Überprüfung im Verfahren. Eine hohe Herausforderung stellt der Umgang mit dem
statischen Grundgerüst des Bestandes dar. Wie und mit welchen Interventionen dennoch
ein vielfältiges Spiel an qualitätvollen Raumkonfigurationen ermöglicht werden kann, soll
Teil der Planungsaufgabe sein.

-4-

Die Ausweitung und Aufwertung des öffentlichen Grünbereichs entlang der Kleinen Blau
mit einer großzügigeren Geh- und Radwegachse und die Einbeziehung von Grün- und
Wegestrukturen sind ein wesentlicher Aspekt für die Quartiersentwicklung, ebenso die
Vernetzung des Quartiers durch öffentliche Wegeverbindungen in den umgebenden
Stadtraum.
4.2.2.

Nutzungen
Für das Blau.Quartier wird eine hohe Nutzungsmischung gewünscht. Bedingt durch die
besondere Lage entlang der in Norden befindlichen, stark befahrenen Blaubeurer Straße
muss voraussichtlich im Quartier eine deutliche Nutzungsabstufung von Norden nach
Süden erfolgen. Der nördliche Rand des Quartieres sollte die südlicher gelegenen,
sensibleren Nutzungen schützen können.
> Wohnnutzung
Angestrebt wird ein Anteil von bis zu 80 % Wohnnutzung für unterschiedliche
Wohnansprüche (z.B. integrative und generationenübergreifende Wohnmodelle,
Mehrgenerationenwohnen, Angebote für Stadtrückkehrer/innen, urbane Wohnformen für
Familien, Fusion von Arbeiten und Wohnen, Angebote für Pendler/innen, Wohnraum für
alle Bevölkerungsschichten). Auf diese Weise kann über das Gesamtgebiet unter
Berücksichtigung des eher gewerblich geprägten 1 BA eine Nutzungsverteilung von rund
60% Wohnen und 40% Gewerbe erreicht werden. Dabei sollen entsprechend der
wohnungsbaupolitischen Beschlüsse des Gemeinderats 40 % der Wohnnutzung als
geförderter Wohnungsbau mit mind. 25 Jahre Bindung umgesetzt werden. Eine
Durchmischung in Wohngebäuden mit frei finanzierten und geförderten Wohnungen soll
Beachtung finden.
> Soziale Nutzungen/ Kita/ Betreutes Wohnen
Ziel ist die Schaffung eines Quartiers, in dem ein Miteinander und Begegnung möglich
sind. Daher soll im Quartier ein Angebot für einen Treffpunkt und Begegnungsort
untergebracht werden. Wünschenswert ist ein Raumangebot für unterschiedliche Anlässe,
z.B. koordiniert über ein Quartiersmanagement. Denkbar wäre, z.B. ein Raum mit Küche
zu schaffen, der bewirtschaftet wird und sich zu einem Quartiersplatz öffnet.
Ein geeigneter Standort für eine 4-gruppige Kindertagesstätte soll lokalisiert werden.
Neben einem Flächenbedarf von ca. 700 m² Nutzfläche, muss auch der dazugehörige
Außenbereich mit ca. 8 m² pro Kind eingeplant werden.
Im Quartier sind barrierefreie WG-fähige Wohnungen mit hierarchiefreien, gleich großen
Zimmern für überwiegend 4-6, aber auch 8 Personen mit eigenem Schlafzimmer,
Nasszelle und Gemeinschaftsräumen (z.B. Wohn-Ess-Bereich) wünschenswert. Diese
können sowohl für Wohngemeinschaften von Menschen mit Behinderungen, Senior/innen WG´s, aber auch von Studierenden und anderen Personengruppen genutzt werden.
> Gewerbliche Nutzungen
Dienstleistungen, Büros, Praxen und Gastronomie ergänzen den Nutzungsmix im Quartier.
Die Erdgeschosslagen zu den Straßenkanten sind dabei besonders zu betrachten, da sie
einen wichtigen Beitrag zur Belebung des Quartiers und der gesamten Nachbarschaft
leisten können.

-54.2.3.

Freiflächengestaltung
> Freiflächen
Zu einer Belebung des Quartiers sollen eine gute Positionierung von Grünbereichen mit
Spielflächen (ca. 2,25 m² je Einwohner/in), dem Wohnen zugeordnete
Freiraumfunktionen, aber auch Gastronomie- und Veranstaltungsbereiche beitragen.
Auf der Disposition und qualitätvollen Gestaltung der öffentlichen und privaten
Freiflächen muss in Anbetracht einer urbanen Dichte des Quartiers ein deutlicher Fokus
liegen. Alle Bereiche, einschließlich der Außenbereiche sollen für alle Nutzer/innen
zugänglich sein. Eine barrierefreie Konzeption ist integrativer Baustein des
Entwurfskonzeptes.
Da das Grundstück großflächig unterbaut ist und damit die natürlichen Bodenfunktionen
stark eingeschränkt sind, kommt einer intensiven Begrünung von Tiefgaragen und Dachflächen sowie von Hofinnenräumen eine hohe Wertigkeit hinsichtlich der Aufnahme,
Rückhaltung und Verdunstung bzw. Wiederverwendung anfallenden
Niederschlagswassers zu. Es soll untersucht werden, ob Zäsuren bzw. Unterteilungen der
Tiefgaragenebene eine Teilentsiegelung möglich machen.
Mit dem Wegfall der Barrierewirkung des Centers wird eine Durchwegung und
Vernetzung zu den nachbarschaftlichen Quartieren möglich. Übergeordnetes Ziel zur
Gliederung der Straßenräume ist der Erhalt und die Stärkung der bereits heute
vorhandenen Baumreihen entlang der Verkehrsflächen der Blaubeurer Straße und der
Magirusstraße.
> Naturraum der Blau
Einen besonderen Stellenwert hat die Betrachtung des Uferbereichs der Blau. In den
letzten Jahren wurden zahlreiche Maßnahmen zur Aufwertung der Blau durchgeführt. Es
bietet sich die große Chance, die positiven Entwicklungen für den Freiraum im Blaupark
fortzusetzen. So kann beispielsweise mit einer möglichen ggf. auch nur teilweisen
Verlegung des Geh- und Radwegs in das Blau.Quartier der öffentliche Grünzug entlang
der Blau gestärkt und ökologisch erheblich aufgewertet werden. Es wird die
Möglichkeiten eröffnet, die neue Quartiersbebauung mit der Uferlandschaft geschickt zu
verweben.
Bei der Planung von Zugängen zum Wasser liegt das Augenmerk auf einem Zugang in
einer natürlichen Form z.B. mittels freier Böschungen, Uferbereichen mit
Flachwasserzonen und einem nicht-eingefassten Gewässerrand. Punktuelle "Einbauten"
z.B. als Terrasse, um einen Zugang zum Wasser zu ermöglichen, sind denkbar.

4.2.4.

Stadtklima / Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
> Klimaanpassung/ -neutralität
Bei der Planung sind Themen wie die Verbesserung der Durchlüftung, das thermische
Wohlbefinden im Außenraum (möglichst intensive Begrünung von Freiflächen,
Verringerung der Wärmeabstrahlung von Oberflächen), Überflutungsvorsorge und Regen-/
Wassermanagement zu beachten.
Die klimaneutrale Ausrichtung des Gebietes ist sowohl für den Betrieb als auch für die
Errichtungsphase ein übergeordnetes Ziel.

-6> Recycling von Materialien
Materialien sollen nachhaltig und recycelbar sein; dadurch soll der Verbrauch von Energie
reduziert werden. Auch der effiziente Einsatz von Materialien und die Rückführung bereits
genutzter Ressourcen in technische Kreisläufe reduzieren den Bedarf an Primärrohstoffen
und verringern damit die Umweltwirkungen. Auf einen möglichst umfangreichen Erhalt
von Bestandsbebauung, neben dem Erhalt der Tiefgaragenebene, unter Berücksichtigung
einer sinnvollen Nachverwendung und Einbindung mit hoher stadtstruktureller Qualität
wird daher großen Wert gelegt.
> Energie
Für das Plangebiet besteht ein Fernwärmeanschluss der Fernwärme Ulm GmbH, die in
direkter Nachbarschaft an der Magirusstraße liegt. Die Entwicklung eines autarken
Gebietes wäre aufgrund des sehr guten Primärenergiefaktors der Fernwärme weniger
sinnvoll. Dennoch muss das Quartier seinen eigenen Beitrag zur nachhaltigen Versorgung
leisten. Eine über die Mindestanforderungen an notwendigen Flächen für PV-Module
gemäß dem Klimaschutzgesetz BW hinausgehende größtmögliche Ausnutzung der
Dächer ist für die Gewinnung regenerativer Energien von großem Vorteil.
4.2.5.

Mobilität
Die Vorhabenträgerin plant die Entwicklung eines Mobilitätskonzeptes. Daher soll überlegt
werden, wie ein sogenannter "mobility hub" (öffentlich zugänglicher Knotenpunkt, an
dem gemeinsam genutzte Fortbewegungsmittel zu jeder Zeit zur Verfügung stehen)
angeboten werden kann.
Ziel ist eine nahezu autofreie Gestaltung des Quartiers, wobei ebenerdige
Erschließungsmöglichkeiten für PKW's vor dem Hintergrund notwendiger Rettungs- und
Lieferverkehre bzw. zwingender Erschließungsnotwendigkeiten nicht ausgeschlossen
werden können. Die Erschließung für Fußgänger/innen und Radfahrer/innen steht
besonders im Fokus. Die Wegebeziehungen sollen über das Plangebiet hinweg auch
zentrale, sichere und gesamtstädtische schnelle Wegeführungen ermöglichen.

4.2.6.

Lärmschutz
Da das Plangebiet im Einwirkungsbereich von Verkehrs- und Gewerbelärm liegt, sollte ein
erforderlicher Schallschutz der angedachten Nutzungen durch eine geeignete
Orientierung, insbesondere bei Schlaf- und Wohnaufenthaltsräumen hinsichtlich der
Organisation der Grundrisse, hergestellt werden. Ist dies nicht möglich, können passive
Schallschutzmaßnahmen (wie vorgelagerte Glaselemente vor Fenstern, Laubengänge u.a.)
zum Einsatz kommen. Insbesondere die Randbebauung zu den verkehrsreichen Straßen
bedarf geeigneter Schallschutzmaßnahmen. Dahinterliegende Gebäude können u.U. von
der abschirmenden Wirkung der vorgelagerten Randbebauung profitieren.