Stadt Ulm
Beschlussvorlage
Sachbearbeitung
SUB - Stadtplanung, Umwelt, Baurecht
Datum
03.04.2023
Geschäftszeichen
SUB
Beschlussorgan
Fachbereichsausschuss Stadtentwicklung, Bau
und Umwelt
Behandlung
öffentlich
Betreff:
Landschaftsschutz Ulm
- Bericht Schutzgebiete - Bericht Bündnis "Kommunen für biologische Vielfalt -
Anlagen:
1 Natur- und Landschaftsschutzgebiete - Städtevergleich
1 Übersichtsplan Schutzgebiete elektronisch
Sitzung am 16.05.2023
TOP
GD 147/23
(Anlage 1)
(Anlage 2)
Antrag:
Die Berichte zur Kenntnis zu nehmen.
Christ
Zur Mitzeichnung an:
BD, BM 3, C 3, GM, LI, OB, VGV/GF
Bearbeitungsvermerke Geschäftsstelle des
Gemeinderats:
Eingang OB/G
Versand an GR
Niederschrift §
Anlage Nr.
-2-
Sachdarstellung:
In der Sitzung des Fachbereichsausschusses Stadtentwicklung, Bau und Umwelt vom 12. Mai 2009
hat die Verwaltung erstmals über die geplante Aktualisierung der geschützten
Landschaftsbestandteile (früher geschützte Grünbestände), der Landschaftsschutzgebiete und der
Naturdenkmale in Ulm berichtet. In den darauffolgenden Jahren erfolgten weitere
Sachstandberichte. Zuletzt in der Sitzung vom 26.05.2020 (GD 147/20).
Nachdem eine regelmäßige Berichterstattung beschlossen ist, wird in diesem Zusammenhang
nachfolgend über den aktuellen Sachstand bis April 2023 informiert, die nächste Berichterstattung
wird 2025 erfolgen:
1. Bisherige Ausweisungsverfahren von 2009 bis 2017
2009 wurden die Landschaftsschutzgebiete "Donaustetten" und "Eggingen" sowie 10
Naturdenkmale auf diesen Gemarkungen überarbeitet bzw. neu verordnet.
2010 wurden die Landschaftsschutzverordnungen "Einsingen", "Gögglingen" und "Wiblingen"
neu gefasst. Insgesamt 4 Naturdenkmale in diesen Bereichen wurden unter Schutz gestellt bzw. die
bestehenden Verordnungen neu gefasst. Ebenfalls wurden die geschützten Landschaftsbestandteile
"Einsingen" und "Wiblingen" neugefasst.
2011 erfolgte die Überarbeitung der Landschaftsschutzgebiete "Ermingen", "Grimmelfingen",
"Wiblingen" und "Unterweiler" sowie der geschützten Landschaftsbestandteile "Grimmelfingen"
und "Wiblingen". Ebenfalls wurden in diesen Bereichen 14 Naturdenkmale neu verordnet oder
bestehende Schutzverordnungen überarbeitet.
2012 erfolgte die Neufassung der Landschaftsschutzverordnungen und von 14
Naturdenkmalverordnungen auf den Gemarkungen "Jungingen", "Lehr" und "Mähringen".
Weiter wurden auch 48 Naturdenkmale der Gemarkung Ulm, Fluren "Söflingen" und "Ulm" unter
Schutz gestellt bzw. die bisherigen Verordnungen überarbeitet.
2013 wurden die Landschaftsschutzverordnung "Söflingen" sowie der geschützte
Landschaftsbestandteil "Söflingen" neu überarbeitet.
2014 erfolgte die Neuausweisung des Naturschutzgebiets "Lichternsee" sowie die Neuausweisung
eines Naturdenkmals auf der Gemarkung Ulm, Flur Ulm.
2015 musste die Landschaftsschutzverordnung "Söflingen" aufgrund eines Formfehlers
aufgehoben und das Landschaftsschutzgebiet einstweilen sichergestellt werden.
2016 und 2017 wurden die Arbeiten an der neugefassten Rechtsverordnung über das
Landschaftsschutzgebiet "Söflingen" durchgeführt und im April 2017 mit der Veröffentlichung der
neuen Verordnung beendet.
2. Sachstand über ausstehende Festsetzungs- und Unterschutzstellungsverfahren
Aufgrund der Ausweisung des Naturschutzgebiets (NSG) „Lichternsee" ergeben sich Änderungen
bei den Landschaftsschutzgebieten „Einsingen“, „Gögglingen“, „Ulm“ und „Wiblingen“. Die
entsprechenden Flächen die aus diesen Landschaftsschutzgebieten dem Naturschutzgebiet
zugeschlagen wurden, gelten durch die Verordnung nun als dem Naturschutzgebiet zugehörig.
Die nicht prioritären Neuausweisungsverfahren der betroffenen Schutzgebiete konnten bislang
nicht in Angriff genommen werden und verzögern sich weiterhin wegen vorrangigen anderen
-3Aufgaben und vielen Verfahren, bei denen die untere Naturschutzbehörde beteiligt ist. Ebenso
verhält es sich bei der ausstehenden Überarbeitung der kompletten Verordnung zum
Landschaftsschutzgebiet „Ulm“.
Eine Überarbeitung und Neuverordnung von Flächen auf den Gewannen „Lerchenfeld“, „Rappenbad“ und „Tobel“ der Gemarkung Mähringen im Standortübungsplatz „Lerchenfeld“, die weiter
unter die Bestimmungen der Verordnung des Landratsamtes Ulm zum Schutze der Landschaft des
Blautals und seiner Seitentäler vom 15. Januar 1954 fallen, ist zukünftig ebenso geplant.
Gleichfalls ist auch eine Überarbeitung und Neuverordnung der Satzung über den Geschützten
Landschaftsbestandteil auf der Flur Ulm notwendig, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich.
3. Tabellarische Übersicht/Statistik
3.1 Gesamtflächen der ausgewiesenen Naturschutzgebiete, Stand April 2023
„Gronne“
„Lichternsee“
Gesamt
39,40 Hektar
92,00 Hektar
131,40 Hektar
3.2 Gesamtflächen der bisher ausgewiesenen geschützten Landschaftsbestandteile, Stand April 2023
Bezeichnung
"Einsingen"
1,03 Hektar
"Grimmelfingen"
2,20 Hektar
"Söflingen"
110,69 Hektar
"Ulm"
Bearbeitung ruht (ca. 511 Hektar)
"Wiblingen"
32,10 Hektar
Gesamt
657,02 Hektar
3.3 Gesamtflächen der bisher ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiete, Stand April 2023
Bezeichnung
2019
2020
"Blautal und seine Seitentäler"
103,11 Hektar
103,11 Hektar
"Donaustetten"
369,60 Hektar
369,60 Hektar
"Einsingen"
(ca. 177,00 Hektar)
Bearbeitung ruht
(ca. 177,00 Hektar)
Bearbeitung ruht
"Eggingen"
441,90 Hektar
441,90 Hektar
"Ermingen"
587,50 Hektar
587,50 Hektar
"Grimmelfingen"
157,20 Hektar
157,20 Hektar
-4"Gögglingen"
(ca. 188,30 Hektar)
Bearbeitung ruht
(ca. 188,30 Hektar)
Bearbeitung ruht
317,40 Hektar
317,40 Hektar
53,00 Hektar
53,00 Hektar
"Mähringen"
302,60 Hektar
302,60 Hektar
"Söflingen"
728,50 Hektar
728,50 Hektar
(ca. 435,10 Hektar)
Bearbeitung ruht
(ca. 435,10 Hektar)
Bearbeitung ruht
240,00 Hektar
240,00 Hektar
(ca. 266,30 Hektar)
Bearbeitung ruht
(ca. 266,30 Hektar)
Bearbeitung ruht
4.367,51 Hektar
4.367,51 Hektar
"Jungingen"
"Lehr"
"Ulm"
"Unterweiler"
"Wiblingen"
Gesamt
3.4 Gesamtanzahl der bisher festgesetzten Naturdenkmale, Stand April 2023
Wie 2019: 89 Naturdenkmale.
Ein weiteres Naturdenkmal (Einzelschöpfung) soll im Jahr 2023 ausgewiesen werden und befindet
sich derzeit in Bearbeitung.
3.5. Gesetzlich geschützte Biotope (§ 30 Bundesnaturschutzgesetz, § 33 Naturschutzgesetz)
Im Stadtkreis gibt es 336 gesetzlich geschützte Biotope (Offenlandbiotope). Bei Offenland oder
Offenlandschaft handelt es sich um nicht überbaute, nicht durch Gehölzvegetation dominierte
Gebiete – somit alle Biotoptypen, die nicht zum Wald zählen.
Dazu kommen noch 133 Waldbiotope im "offensichtlichen Wald".
Hauptsächliche Biotopflächen im Stadtgebiet sind u.a.:
Natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer
Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie
Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmte Bereiche, Röhrichte, Nasswiesen,
Quellbereiche, Ginster- und Wacholderheiden, Trockenrasen, Wälder und Gebüsche
trockenwarmer Standorte, Auenwälder, Feldhecken und Feldgehölze in der freien Landschaft.
Entscheidend ist hierbei, dass die Flächen die gesetzlich geforderten Kriterien erfüllen; eine
besondere Ausweisung oder Unterschutzstellung ist nicht erforderlich. Der Schutz gilt direkt durch
die gesetzliche Bestimmung.
Durch das Naturschutzgesetz ist für Biotope eine regelmäßige Erfassung spätestens alle 12 Jahre
durch die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW)
vorgeschrieben. Die LUBW hat daher im Jahr 2018 eine floristische Erfassung durchgeführt und
2019 noch nachkartiert. Biotope im Siedlungsbereich wurden dabei nicht mehr mitaufgenommen.
Die Daten werden jeder Bürgerin und jedem Bürger über den Daten- und Kartendienst der LUBW
(http://udo.lubw.baden-wuerttemberg.de/public/index.xhtml) kostenlos zur Verfügung gestellt.
-53.6 FFH-Mähwiesen
Aufgrund ihrer hohen naturschutzfachlichen Bedeutung sind artenreiche Mähwiesen im Rahmen
der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie als sogenannte FFH-Mähwiesen unter europäischen Schutz
gestellt. Nicht nur innerhalb von FFH-Gebieten sind diese FFH-Mähwiesen geschützt und müssen
erhalten werden; für sie gilt ein Verschlechterungsverbot. Mähwiesen sind Lebensräume, die sich
durch eine besonders hohe Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten auszeichnen. Das Land BadenWürttemberg weist in Deutschland und vermutlich sogar EU-weit eines der bedeutendsten
Vorkommen artenreicher Mähwiesen auf.
Die blumenbunten FFH-Mähwiesen bereichern nicht nur die oftmals wenig abwechslungsreiche
blütenarme Landschaft, sie sind das Ergebnis einer langjährigen extensiven Nutzung. Sie können
nur erhalten werden, wenn sie auch weiterhin eine extensive Benutzung erfahren. Im Rahmen der
Berichtspflicht an die EU wird alle sechs Jahre über den Zustand der Mähwiesen landesweit
berichtet. Basierend auf Wiederholungskartierungen werden FFH-Lebensräume und deren
Erhaltungszustände erfasst und bewertet.
Bislang gab es im Stadtgebiet eine FFH-Mähwiese mit einer Größe von 0,1 ha. Die letzte FFHBiotopkartierung im Stadtgebiet Ulm im Auftrag der LUBW (2018 - 2019) hat 44 Flächen mit einer
Gesamtgröße von 31,71 ha ergeben.
3.7 Vergleichsstatistik
Nutzung des Stadtgebiets in Hektar
(Quelle Statistisches Jahrbuch der Stadt Ulm 2019, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2020, 2021)
Nutzungsart
2019
2020
2021
Gebäude und Freifläche
2.721,0
2.726,0
2.747,0
davon Erholungsfläche
292,0
351,0
356,0
Verkehrsfläche
1.250,0
1.258,0
1.261,0
Landwirtschaftsfläche
5.355,0
5.344,0
5.319,0
Wald
2.230,0
2.229,0
2.229,0
176,0
176,0
176,0
11.868,0
11.868,0
11.868,0
Wasser
Stadtkreis Ulm gesamt
Im Wesentlichen sind die ausgewiesenen Flächen der geschützten Landschaftsbestandteile und der
Landschaftsschutzgebiete in den Flächen der Nutzungsart Erholungsfläche, Landwirtschaftsfläche
und Wald mit enthalten. Die Summe der aufgeführten Flächen entspricht nicht der
Gesamtflächenzahl, da weitere Flächen unberücksichtigt geblieben sind. Die Zahlen basieren auf
Angaben des Statistischen Landesamts.
-6-
Gemeindegebiet nach Nutzungsarten (Flächenerhebung 2021)
(Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg)
Stadtkreis
Bodenfläche
insgesamt
Anteil in %
Siedlungs
fläche
Hektar
Verkehrsfläche
Landwirtschaftsfläche
Waldfläche
Wasserfläche
an Bodenfläche insgesamt
Ulm
11.868
23,1
10,6
44,8
18,8
1,5
Stuttgart
20.733
37,1
14,7
22,7
23,5
1,3
Mannheim
14.497
41,7
16,5
23,8
12,0
5,3
Karlsruhe
17.342
34,3
12,6
22,5
25,6
4,1
Freiburg
15.304
22,8
9,5
22,5
42,6
1,4
Heidelberg
10.883
21,8
8,7
26,3
40,3
2,3
Heilbronn
9.989
25,5
10,9
46,4
13,8
2,2
Pforzheim
9.799
23,2
8,9
15,6
51,1
0,7
Baden-Baden
14.019
10,4
4,8
22,0
60,8
1,0
Ein Städtevergleich zu Natur- und Landschaftsschutzgebieten 1973 und 2022 befindet sich in
Anlage 1.
4. Maßnahmen des Regierungspräsidiums in den Naturschutzgebieten Gronne und
Lichternsee
Das Projekt Uferumgestaltung im Naturschutzgebiet Lichternsee durch das Regierungspräsidium
Tübingen ist inzwischen fast fertiggestellt.
Eine Eselbeweidung wurde noch im Jahr 2022 umgesetzt. Einige andere Flächen wurden durch
beauftragte Landwirte abgemäht.
Über ein Gewässer wurden eine Fußgängerbrücke und ein Eselssteg gebaut, es fehlt lediglich noch
die Anbindung an das Wegenetz. Eine Beobachtungswand wurde ebenfalls inzwischen aufgestellt.
Da die dem Regierungspräsidium Tübingen zugesagten Fördergelder der Stiftung Naturschutzfonds
aufgebraucht sind, hat die Stadt zugesagt, die noch erforderliche Anbindung der Bauwerke an das
Wegenetz zu übernehmen und zu finanzieren. Derzeit erfolgen dazu die letzten Absprachen.
Voraussichtlich werden alle Arbeiten am Projekt bis Ende Mai abgeschlossen sein.
Die in der Nachbarschaft befindliche Firma Wieland-Werke hat sich bereit erklärt, ein Graphoskop
zu stiften und dafür bis zu 5.000 € in Aussicht gestellt. Der Name des Stifters wird auf einer
Plakette am Graphoskop angebracht. Im Zuge der Restarbeiten wird das Graphoskop aufgestellt.
-75. Kontrollkonzept/Kontrollmaßnahmen Naturschutzgebiete Gronne und Lichternsee
Die untere Naturschutzbehörde hat im Februar 2014 begonnen ein Kontrollkonzept für die beiden
Naturschutzgebiete „Gronne“ und „Lichternsee“ zu entwickeln, um die Regelungen der
Schutzverordnungen gezielt zu überwachen und berechtigten Beschwerden über Verstöße mehr
Rechnung zu tragen.
Durch abgestimmte Kontrollen des Kommunalen Ordnungsdienstes, des Polizeireviers Ulm-West
und dem ehrenamtlichen Naturschutzdienst soll langfristig eine Verbesserung der Situation erreicht
werden.
Über den Zeitraum April bis Oktober finden regelmäßig durch die beteiligten Kontrollorgane an
verschiedenen Örtlichkeiten in den Schutzgebieten Kontrollen statt.
In den Monaten Mai, Juli und August sind Schwerpunktkontrollen gemeinsam mit der Polizei, dem
Kommunalen Ordnungsdienst und Mitarbeitenden der unteren Naturschutzbehörde vorgesehen,
bei denen aufgrund der gebündelten Personenstärke die Einhaltung der Schutzverordnungen
intensiver überprüft werden können.
Die zeitlich voneinander getrennten, aber abgestimmten Kontrollen des Kommunalen
Ordnungsdienstes und der Polizei werden durch einzelne Personen des ehrenamtlichen
Naturschutzdiensts fachlich unterstützt und begleitet. Daneben führt der ehrenamtliche
Naturschutzdienst weiterhin eigenständig Kontrollen durch und kann sich im Bedarfsfall an das
Polizeirevier Ulm-West wenden, um von dort Unterstützung bei der Feststellung der Personalien zu
erhalten.
Bei den Kontrollen im Jahr 2022 konnte lediglich ein Verstoß (ein Pärchen entzündete ein
Lagerfeuer) festgestellt werden. Hierzu wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren durchgeführt.
6. Sachstand Mitgliedschaft "Kommunen für biologische Vielfalt"
Das Bündnis "Kommunen für biologische Vielfalt e.V." ist ein Zusammenschluss von im
Naturschutz engagierten Kommunen. Die Stadt Ulm ist dem Bündnis im Juni 2015 beigetreten.
Die Koordination und Federführung liegt bei der unteren Naturschutzbehörde der Stadt Ulm.
Ein Engagement für biologische Vielfalt ist angesichts des immer weiter fortschreitenden
Artenrückgangs und Artensterbens mehr denn je erforderlich. Viele heimische, ehemals häufige
Tierarten sind bereits im Rückgang begriffen oder gefährdet. Dies betrifft nicht nur ländliche
Gegenden, auch in den Städten leben viele Arten, die mit einfachen Maßnahmen unterstützt
werden können, beispielsweise Gebäudebrüter wie Mehlschwalben und Mauersegler oder
gebäudebewohnende Fledermausarten.
Auch den innerstädtischen Grünflächen kommt bei der Erhaltung der Biodiversität eine bedeutende
Rolle zu. Durch eine naturnahe Pflege können viele Flächen aufgewertet werden und als Lebensund Nahrungsgrundlage für heimische Arten dienen, die sich in den Städten wohlfühlen.
Für die Umsetzung bei der Stadt Ulm wurden verschiedene Aufgabenbereiche identifiziert, die
vorrangig angegangen werden sollen:
1. Fachgerechte extensive Wiesenpflege
2. Förderung der biologischen Vielfalt
3. Umsetzung von Maßnahmen aus dem Artenschutzgutachten (Zielartenkonzept) und
weitere Maßnahmen
-86.1 Grünflächenpflege
Intensiv gepflegte Flächen, wie häufig gemähte Rasenflächen oder extensive, gemulchte
Wiesenflächen zeigen sich relativ artenarm. Eine bunte, blumenreiche Wiese dagegen bietet
beispielsweise Lebensraum für zahlreiche Insekten und damit die Nahrungsgrundlage für eine
ganze Reihe anderer Arten. Daher sollten Wiesen im Sinne des Naturschutzes bereits als
artenreiche, blühende Wiesen angelegt und entsprechend extensiv gepflegt werden. Das bedeutet
in der Regel eine zwei- bis dreischürige Mahd, wobei das Mahdgut von der Fläche entfernt wird.
Die Entsorgung des Grünschnitts verursacht dabei in der Regel deutlich höhere Kosten als ein
Belassen des Materials auf der Fläche wie es beim Mulchen der Fall ist.
6.1.1 Abteilung Grünflächen
Die Abteilung VGV/GF stellte im Rahmen des Sonderprogramms Biologische Vielfalt einen
Förderantrag für die Umstellung der Pflege von straßenbegleitendem Grün an Kreis-, Landes- und
Bundesfernstraßen. Die Fördermittel werden vom Verkehrsministerium vergeben und fördern die
Mehrkosten, die bei einer Pflegeumstellung von Mulchen auf zweimal jährlich Mähen mit
Abräumen anfallen. Es wurden bisher Mittel in einer Gesamthöhe von jährlich etwa 30.000,- €
beantragt, die eine Umstellung der Pflege auf 21 Einzelflächen mit einer Gesamtgröße von 56.000
m² finanzieren.
Seit 2019 werden die Fördermittel vom Verkehrsministerium genehmigt, für die Jahre wurde
2023/24 bereits wieder der Antrag gestellt, aber zum Stand heute noch nicht beschieden.
In 2019 wurde außerdem mit der Umsetzung eines Staudenprogrammes begonnen. Bisher intensiv
gepflegte Wiesenflächen wurden in naturnahe, extensive Staudenflächen umgewandelt. Ein
besonderer Schwerpunkt wurde dabei auf die Insektenfreundlichkeit und Trockenverträglichkeit
gelegt. Die bisher angelegten Flächen werden dauerhaft erhalten und gepflegt.
In 2022 wurden bisher mit Wechselflor bepflanzte Flächen am Atlantenbrunnen und am
Heimdenkmal neu in insektenfreundliche Staudenpflanzungen umgewandelt.
Seit 2022 wird mit einem Entsiegelungs- und Begrünungsprogramm Innenstadt die grüne
Infrastruktur im öffentlichen Raum (VGV) und an öffentlichen Gebäuden mit Freianlagen (GM)
weiter gestärkt und gefördert werden.
In 2022 wurden bereits Flächen am Willy-Brandt-Platz, am Ostplatz und in der Neutorstraße
entsiegelt und begrünt, es handelt sich dabei insgesamt um etwa 790 m², die Kosten betrugen
184.000 €.
Für 2023 sind vier weitere Entsieglungs- und Begrünungsmaßnahmen mit einem
Investitionsvolumen von insgesamt 195.000 € geplant, es werden 200 m² befestige Fläche am
Robert-Scholl-Platz zurückgebaut und begrünt. Die Grünanlage an der Adlerbastei soll um 200 m²
nach Osten erweitert und mit Bäumen bepflanzt werden. In der Neuen Straße soll eine Mittelinsel
mit etwa 80 m² entsiegelt und mit insektenfreundlichen Stauden bepflanzt werden. In der
Olgastraße sollen anstatt der bisherigen Haltestelle 60 m² entsiegelt und begrünt werden.
6.1.2 Ortschaften
Auch die Ortschaften haben insgesamt signalisiert, dem Thema offen gegenüber zu stehen.
Hier müssen noch weitere Gespräche geführt werden, welche Flächen sich für eine Extensivierung
in den Ortschaften eignen und umgesetzt werden sollten.
-96.1.3 Untere Naturschutzbehörde
Bei der Naturschutzbehörde werden vorrangig außerhalb der Ortschaften liegende Wiesen, Weiden
und Magerrasen mit Fördergeldern nach der Landschaftspflegerichtlinie entweder direkt gepflegt
oder eine bestimmte Bewirtschaftungsform wie Schafbeweidung und extensive Mahd finanziell
gefördert. Insgesamt werden Maßnahmen auf einer Fläche von etwa 220 ha Grünflächen gefördert
oder direkt von der Naturschutzbehörde beauftragt. Die Größe der Extensivflächen nimmt in jedem
Jahr zu.
6.2 Förderung der biologischen Vielfalt
6.2.1 Förderprogramm biologische Vielfalt
Am 19.11.2019 hat der Fachbereichsausschuss Stadtentwicklung, Bau und Umwelt die
Förderprogramme der Stadt Ulm zur Unterstützung Gebäudebewohnender Arten und Begrünung
von Fassaden beschlossen (GD 440/19). Seit dem 01.12.2019 sind die Richtlinien zur Förderung der
biologischen Vielfalt im Stadtgebiet Ulm gültig und Anträge können gestellt werden. Am
24.11.2020 hat der Fachbereichsausschuss Stadtentwicklung, Bau und Umwelt die Änderung der
Richtlinien zur Förderung der biologischen Vielfalt im Stadtkreis Ulm beschlossen (GD 400/20). Die
Höchstsätze für die jeweiligen Fördermodule wurden angehoben, sowie der Geltungsbereich für
die Fassadenbegrünung angepasst. Am 23.11.2021 wurde im Fachbereichsausschuss mit einer
Öffnungsklausel für die Fassadenbegrünung eine weitere Anpassung der Förderrichtlinien
beschlossen (GD 402/21)
6.2.1.1 Begrünung von Fassaden
Trotz der Anhebung der Förderhöchstsätze von 1.500,- € auf 3.000,- € ist die Nachfrage nach einer
Förderung von Fassadenbegrünung bislang gering.
Für das Modul Fassadenbegrünung sind 2022 bisher 2 Anträge eingegangen. Von diesen beiden
Anträgen wurde ein Vorhaben abgeschlossen und der Förderhöchstsatz von 3.000,- € ausbezahlt.
Für den 2. Antrag steht der Abschluss der Arbeiten und die Auszahlung der Förderung noch aus. Es
sind bisher die einzigen förderfähigen Anträge seit dem Start des Förderprogramms 2019. Weitere
Interessensbekundungen liegen jedoch vor.
6.2.1.2 Unterstützung Gebäudebewohnender Arten
Gebäudebewohnende Tierarten, besonders gebäudebrütende Vögel wie Mehlschwalben und
Mauersegler und einige Fledermausarten, finden immer weniger Lebensraum in den Städten oder
werden sogar aktiv vertrieben und ihre Lebensräume zerstört.
Diese Arten können unterstützt werden, indem man ihnen künstliche Nisthilfen und Höhlen
anbietet, die an Gebäuden angebracht werden. In der Regel werden diese Nisthilfen, wenn sie an
geeigneten Stellen angebracht sind, gut angenommen.
2020 war die Anzahl der bisher eingegangenen Anträge noch gering, es gab jedoch viele Anfragen
zu Quartierhilfen die von der Stadt Ulm bereitgestellt werden.
Anfang des Jahres 2020 wurde ein Basissortiment an Fledermauskästen und Nisthilfen für Vögel
bestellt. Die Lieferung der Artikel ist im Sommer 2020 eingetroffen. Durch die Erhöhung der
Förderhöchstsätze von 500,- € auf 1.000,- € sowie der Bevorratung von Quartierhilfen konnte das
Fördermodul an Attraktivität gewinnen. Hilfreich war auch ein Hinweis im Mitteilungsblatt der
Ortsverwaltung Einsingen. Darauf bezugnehmend gab es einige Anfragen und Anträge. Insgesamt
wurde bislang die Anbringung von 7 Fledermausquartieren und 39 Nisthilfen für Vögel bewilligt.
Besonders erfreulich ist die Nachfrage nach Nisthilfen für Mehlschwalben sowie Quartierhilfen für
- 10 Fledermäuse. Für das Jahr 2023 ist die Auffüllung des Basissortiments geplant.
Zusätzlich zum Informationsangebot auf der Homepage der Stadt Ulm wurden zusammen mit der
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Flyer für die jeweiligen Fördermodule erstellt, die an öffentlichen
Stellen ausgelegt werden. Darüber hinaus werden die Flyer bei potentieller Eignung
Baugenehmigungen beigefügt. Das Förderprogramm wurde von Juli bis September im Forum Grün
im m25 vorgestellt. Anhand von Anschauungsmaterialen und Informationsblättern wurden die
beiden Fördermodule beworben. Daneben wurde das Förderprogramm am 26. Juli 2022 in Ulm auf
der Roadshow "Gesellschaft und Natur" der Baden-Württemberg-Stiftung ausgestellt. Besucher
konnten sich am Infostand ausführlich informieren und persönlich beraten lassen.
Derzeit wird das Förderprogramm am Infopoint zum Thema "Energie und Umwelt" in der
Zentralbibliothek Ulm dargestellt. Am 24.05.2023 wird die untere Naturschutzbehörde im Infopoint
zum Förderprogramm und weiteren naturnahen Themen informieren und beraten.
.
6.2.2 Gebäudebewohnende Arten an städtischen Gebäuden
Zusammen mit Ehrenamtlichen aus den Naturschutzverbänden und der Hauptabteilung GM
wurden bereits im Jahr 2017 Möglichkeiten erörtert, an städtischen Gebäuden Nisthilfen für
Mehlschwalben und Mauersegler und Quartiermöglichkeiten für Fledermäuse anzubringen
Im Jahr 2020 wurden an den ersten vier Schulen insgesamt etwa 40 Nisthilfen und Quartiere für
Mehlschwalben, Mauersegler und Fledermäuse angebracht. Die nächsten vier Schulen wurden
bereits gemeinsam besichtigt, allerdings konnten die Nisthilfen aus Zeitgründen bisher noch nicht
von GM angebracht werden.
6.2.3. Fledermäuse in der Wilhelmsburg
Im Jahr 2017 wurden erstmals Detektorerfassungen zur Erhebung des Fledermausbestands in der
Wilhelmsburg durchgeführt. Dabei wurde schnell die Bedeutung der Burg für die Fledermausfauna
deutlich. In den Jahren ab 2019 wurden jährlich Winterquartierkontrollen mit Zählungen der Individuen vorgenommen. Von 154 gezählten Zwergfledermäusen im Jahr 2019 hat sich die Zahl der in
der Wilhelmsburg überwinternden Tiere bis zum Jahr 2023 durch verschiedene gezielte und zum
Teil experimentelle Maßnahmen zur Quartierverbesserung auf 2085 gezählte Individuen erhöht.
Inzwischen hat sich die Wilhelmsburg zum größten bekannten Winterquartier für
Zwergfledermäuse in Baden-Württemberg entwickelt. Im Rahmen des Projektes Nationale Projekte
des Städtebaus konnte somit im Zuge der Aktivierung der Burg ein wichtiger Beitrag zum
Artenschutz erreicht werden.
6.3 Umsetzung von Maßnahmen aus dem Artenschutzgutachten und weitere Maßnahmen
Die Renaturierung des Fischbachs in Unterweiler ist inzwischen fast abgeschlossen, es stehen
lediglich noch die Ansaaten der Wiesenflächen und die Fertigstellungspflege aus. Damit wurden
450 m Bachlauf renaturiert und etwa 1,7 ha landwirtschaftliche Flächen ökologisch wertvoll
angesät und angepflanzt.
Umgesetzt hat das Projekt die Firma Bühler & Tan Gartenbau GmbH aus Unterweiler. Der
Finanzierungsrahmen der Stiftung Naturschutzfonds wird voraussichtlich nicht komplett
ausgeschöpft, so dass die Finanzierungszusage der Stadt über die Restkosten von 26.000 €
eventuell nicht beansprucht werden muss.
Die Einweihung des Projektes findet am 30. Mai 2023 zusammen mit Herr Bürgermeister von
Winning, der Stiftung Naturschutzfonds, die die Renaturierung komplett finanziert hat, und der
geladenen Presse statt.
Aus dem Artenschutzgutachten soll in 2023 eine Fläche zwischen Gögglingen und Einsingen, auf
der ein Restbestand der stark gefährdeten gefleckten Heidelibelle nachgewiesen wurde, für die
- 11 speziellen Ansprüche der Art optimiert werden. Das beinhaltet die Entfernung einiger Gehölze und
eine angepasste Flächenpflege.