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Beschlussvorlage

                                    
                                        Stadt Ulm
Beschlussvorlage

Sachbearbeitung

SO - Soziales

Datum

13.06.2023

Geschäftszeichen

SO/ZV- AL

Beschlussorgan

Fachbereichsausschuss Bildung und Soziales

Behandlung

öffentlich

Betreff:

Beteiligung in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit

Anlagen:

9

Sitzung am 12.07.2023

TOP
GD 236/23

Antrag:
Vom Bericht Kenntnis zu nehmen.

Andreas Krämer

Zur Mitzeichnung an:
BM 2, C 2, OB

Bearbeitungsvermerke Geschäftsstelle des
Gemeinderats:
Eingang OB/G
Versand an GR
Niederschrift §
Anlage Nr.

-2-

Sachdarstellung:
Zusammenfassende Darstellung der finanziellen Auswirkungen
Finanzielle Auswirkungen:
Auswirkungen auf den Stellenplan:

nein
nein

1. Ausgangslage Jugendarbeit
In Deutschland ist der Auftrag der Kinder- und Jugendarbeit bundesweit einheitlich in § 11 des
Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) geregelt.
Ergänzt wird § 11 durch §§ 12 und 13 SGB VIII, der die Besonderheiten der Jugendverbandsarbeit
und der Jugendsozialarbeit hervorhebt.
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit grenzt sich von der Jugendverbandsarbeit und der
Jugendsozialarbeit dadurch ab, dass ihre Angebote ohne Mitgliedschaften oder andere
Bedingungen von Kindern und Jugendlichen niederschwellig in der Freizeit genutzt werden können
und für alle Zielgruppen altersübergreifend offen sind.
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit verfolgt unterschiedliche strategische Ziele. Hierzu zählen zum
einen Bildungsgerechtigkeit sowie soziale und kulturelle Teilhabe, die durch einen
niederschwelligen Zugang erreicht werden sollen. Zum anderen soll durch die Offenheit der
Zusammenhalt in einer solidarischen Stadtgesellschaft gestärkt werden. Durch unterschiedliche
Angebote und Formate soll die Offene Kinder- und Jugendarbeit dazu beitragen, Engagement und
Demokratie zu fördern.
Prinzipien der Jugendarbeit sind Freiwilligkeit, Offenheit, Partizipation, Lebenswelt- und
Sozialraumorientierung und Geschlechtergerechtigkeit.
Zuletzt wurde über die Offene Kinder- und Jugendarbeit in Ulm 2016 mit der GD 334/16
informiert.
In der vorliegenden Gemeinderatsdrucksache liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Beteiligung,
die im Rahmen einer digitalen Umfrage der jungen Menschen durchgeführt werden.
Die Ergebnisse dieser werden am Ende der GD vorgestellt.
2. Die Offenen Kinder- und Jugendarbeit in Ulm
In allen fünf Sozialräumen in Ulm gibt es mindestens ein Jugendhaus. Begegnungsstätten sind in
den Sozialräumen Wiblingen und Mitte/Ost, so dass Ulm insgesamt acht Einrichtungen der Offenen
Kinder- und Jugendarbeit hat. Sie unterscheiden sich hinsichtlich des Charakters der Gebäude, der
Angebote und der dort verkehrenden Zielgruppen. So ist z.B. das Jugendhaus Schlossstall mit seiner
Lage optimal für Kinder und Ferienbetreuungen geeignet, wird aber von Jugendlichen auf Grund
seiner Lage eher weniger genutzt. Die Besonderheiten der jeweiligen Einrichtung sind der Anlage
zu entnehmen.
Die Jugendhäuser und Begegnungsstätten der Stadt Ulm sind zentrale Anlaufstellen und
Treffpunkte für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Familien.
In jeder Einrichtung gibt es pädagogische Fachkräfte, die Ansprechpersonen für Fragen und Sorgen
der Kinder und Jugendlichen sind. Je nach Bedarf arbeiten sie in Einzel-, Gruppen- oder
Cliquenarbeit.
Die Arbeit der Offenen Kinder-und Jugendarbeit (OKJA) beinhaltet folgende Bausteine in der
Reihenfolge ihrer Bedeutung:

-3Offener Treff
Der Offene Treff ist das Kernelement eines jeden Jugendhauses. Organisierte interessensbezogene
Angebote wie Billard, Tischtennis, Tischkicker, Turniere, neue Medien, Werk- und Kochgruppen
werden je nach Nachfrage gestaltet. Das offene Angebot ist für die unterschiedlichen Zielgruppen
frei zugänglich und bietet einen wichtigen Kommunikations- und Schutzraum. Um die Angebote
der Offenen Treffs auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen auszurichten, wurde für die
vorliegende Drucksache eine digitale Umfrage unter den Besucher*innen der Jugendhäuser
durchgeführt.
Ferienangebote
In den jeweiligen Stadtteilen werden von den Teams der Jugendhäuser und Begegnungsstätten
sowie den Kooperationspartner*innen in Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen und Jugendlichen
Ferienfreizeiten organisiert. Die Angebote finden in unterschiedlicher Dauer von ein bis vier
Wochen statt. In allen Schulferien können Kinder überwiegend ganztägig an Ferienangeboten
teilnehmen, wo sie meist mit einem Mittagstisch versorgt werden.
Familienarbeit
Die Familienarbeit wird im Rahmen von Eltern-Kind-Treffs, Spielgruppen, Familienausflügen und
-freizeiten, Festen sowie spezifischen Angeboten für Eltern, wie z.B. Elterncoaching geleistet.
Diese Angebote bieten Kontakt- und Integrationsmöglichkeiten sowohl für Kinder als auch für
Eltern. Eine niederschwellige Form des Austauschs, der Begegnung, Beratung und Entlastung für
die Eltern findet in diesem Setting statt.
Bildungspartnerschaften und Kooperationen
Die OKJA bietet Schulen und anderen Institutionen verbindliche Bildungspartnerschaften an, die in
einem Kooperationsvertrag und einer Konzeption festgehalten werden. Alle Jugendhäuser haben
eine Kooperation mit der Kernzeit der Abteilung Bildung und Sport und bieten bspw. Mittagstreffs
an von 12-13 Uhr an. Im Jugendhaus Eselsberg wird bspw. die Kletterwand alle 2 Wochen von
Schulklassen der Hans-Zulliger-Schule genutzt. Im Jugendhaus Böfingen findet die
Hebammensprechstunde statt. Im Kinderplanet, einem Angebot im Rahmen des BBE in Wiblingen,
bekommen Grundschüler*innen nach der Schule ein Mittagessen und Unterstützung bei den
Hausaufgaben.
Kinder- und Jugendarbeit im öffentlichen Raum
Neben den eng mit dem jeweiligen Jugendhaus verbundenen Angeboten findet Jugendsozialarbeit
der Fachkräfte auch in den Sozialräumen statt. Die Mitarbeitenden kennen "ihren" Sozialraum und
die Treffpunkte von Jugendlichen außerhalb der Häuser. Bei Bedarf suchen sie die Jugendlichen
auf, versuchen in Kontakt zu treten, ihre Interessen aufzugreifen und die Angebote des
Jugendhauses darzulegen bzw. abzuklären, wie ihre Wünsche im Jugendhaus oder in der
Begegnungsstätte umgesetzt werden können.
Die Kinder- und Jugendarbeit ist insbesondere auf die Freizeit der jungen Menschen sowie an deren
Freizeitgestaltung mit Gleichaltrigen gerichtet. Eine Vielfalt von Einrichtungen, Jugendverbänden
und freien Zusammenschlüssen bzw. Initiativen gewährleisten unterschiedliche Angebotsformen
mit vielfältiger Schwerpunktsetzung. Dazu zählt auch eine stadtteilorientierte Kinder- und
Jugendarbeit, die im Lebensumfeld der jungen Menschen als aufsuchende Hilfe für Zielgruppen mit
spezifischen Bedarfen angeboten wird, wie z.B. das Spielmobil oder die unterschiedlichen
Ferienprogramme. Zudem gehen die Mitarbeitenden aktiv auf Schulhöfe oder öffentliche Plätze,
um Werbung für die Jugendhäuser zu machen.

-43. Beteiligung der Kinder und Jugendlichen
Mit der Kinder- und Jugendarbeit sollen die Selbstbestimmung sowie gesellschaftliche
Mitverantwortung und soziales Engagement angeregt und befördert werden (vgl. § 11 SGB VIII).
In § 11 SGBVIII heißt es: „Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung
erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen
junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur
Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem
Engagement anregen und hinführen. Dabei sollen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der
Angebote für junge Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden.“
Mit dieser Neuregelung bestände nach neuer Rechtslage eine objektiv-rechtliche Verpflichtung die
Angebote nach § 11 SGB VIII im Regelfall so auszugestalten, dass junge Menschen mit
Behinderung die Leistungen unter Berücksichtigung ihrer „spezifischen Bedarfe“ wahrnehmen
können.
Wirklich einlösbar ist der formulierte Anspruch jedoch nur mit einer entsprechenden Ausstattung
an Ressourcen. Studien (Voigts 2013, 2014) zeigen, dass nicht nur die Anforderungen an die
Eignung und Qualifikation der Mitarbeitenden steigen, sondern in der praktischen Umsetzung auch
der Personalbedarf. Nicht zuletzt müssen auch räumliche und bauliche Voraussetzungen geschaffen
werden.
Dieser Gesetzesparagraf ist eine Vorschrift zur Ermöglichung von Partizipation. § 11 SGB VIII ist für
die Jugendarbeit nicht so sehr eine Beschreibung schon etablierter Praxis, sondern eine
Aufforderung zur Weiterentwicklung der Arbeit auf der Grundlage dessen, was die jungen
Menschen wollen.
Mit der Formulierung, dass den Jugendlichen „Angebote“ der Jugendarbeit zur Verfügung zu
stellen sind, wird die Freiwilligkeit von Jugendarbeit eingeführt. Nur wenn Freiwilligkeit besteht,
kann die Entwicklung von eigensinniger Selbstbestimmung möglich werden. Der Ansatz bei den
„Interessen“ der Jugendlichen stellt eine starke Formulierung dar, die verdeutlicht, dass sich die
pädagogischen Angebote nach den Interessen richten müssen. Dabei geht es sowohl um die
subjektiven Interessen der Jugendlichen, die sie direkt äußern und einbringen, aber auch um die
latenten objektiven Interessen der Jugendlichen, die in einem Auseinandersetzungsprozess gesucht
und sprachlich formuliert werden müssen. Die Kinder und Jugendlichen entscheiden sowohl über
die Inhalte als auch über die methodische Umsetzung dieser Themen (Mitbestimmung und
Mitgestaltung).
Wesentlich ist einerseits die aktive Mitbestimmung und Mitgestaltung durch die jungen Menschen
an Projekten, Aktionen und Programmen sowie andererseits die Bildungsförderung im Rahmen
dieses Handlungsfeldes. Damit nimmt die Kinder- und Jugendarbeit eine wesentliche Funktion im
Rahmen der Aufgabe, verbesserte Teilhabe zu ermöglichen, Benachteiligungen und Belastungen im
Alltagsleben abzubauen sowie die Selbstbestimmung der jungen Menschen zu stärken, ein.
Wie Mitbestimmung konkret aussehen kann, zeigen die folgenden drei Beispiele:

-5-

Bürgerpetition Sportanlage Böfingen mit Unterstützung des Jugendhauses
Wunsch der Jugendlichen: "Wir wollen einen Sportplatz, der immer auf hat"

Eltern-Kind-Treff im Jugendhaus Insel
Aussage Frau M. "Zu Hause fällt uns oft die Decke auf den Kopf; deshalb brauchen wir den
Kontakt zu anderen im Eltern-Kind-Treff."

Kajakfahrt Jugendhaus Schlossstall
Impuls: "lass uns mal was Besonderes machen"

-6-

4. Erfolgsfaktoren und Voraussetzungen für die Beteiligung im Rahmen der OKJA
Inklusion im Rahmen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes
Seit Juni 2021 ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz in Kraft, mit dem Ziel, Kinder und
Jugendliche zu stärken, die besonderen Unterstützungsbedarf haben, also benachteiligt sind, unter
belastenden Lebensbedingungen aufwachsen oder von der sozialen Teilhabe ausgeschlossen
werden könnten. Das Gesetz sieht gesetzliche Änderungen in verschiedenen Bereichen vor. U.a.
sollen junge Menschen mit Behinderung künftig stärker einbezogen werden, gleichzeitig ist es aber
auch ein zentrales Anliegen, eine Kinder- und Jugendhilfe für alle zu schaffen, egal ob mit oder
ohne Behinderung. Inklusion soll als Leitgedanken der Kinder- und Jugendhilfe verankert werden.
Somit wird der UN Behindertenrechtskonvention von 2009 entsprochen, nach der Inklusion ein
Menschenrecht ist.
Strukturen müssen deshalb so gestaltet sein, dass Teilhabe, Mitbestimmung und Selbstbestimmung
für alle möglich sind.
Die OKJA der Stadt Ulm nimmt diesen Auftrag ernst und beginnt inklusive Gestaltungsprinzipien
umzusetzen und Formen von Partizipation zu erproben.
Beispiele hierfür sind ein anonymer Briefkasten, der von vielen Jüngeren genutzt werden kann, um
Fragen an die Mitarbeitenden zu stellen. Aber auch ein Flipchart, auf welches Wünsche für das
neue Jahr aufgeschrieben werden können und Jugendkonferenz wurden erprobt.
Was dies in der Praxis bedeutet, veranschaulicht das folgende Beispiel
Ferienprogramme bieten für alle Beteiligten eine gute Möglichkeit, Erfahrungen mit inklusiven
Konzepten in der Kinder- und Jugendarbeit zu machen. Es wird bewusst im schulfähigen Alter
angesetzt, denn je früher der Kontakt zwischen Kindern und Jugendlichen mit und ohne
Behinderung entsteht, desto weniger Berührungsängste bleiben auf lange Sicht.
Um Kindern mit Behinderung Teilhabe an den Ferienprogrammen zu ermöglichen, Begegnungen
zu schaffen, Familiensysteme zu entlasten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern,
wurde ein inklusives Setting für ca. 5 Plätze im Sommerferienprogramm 2023 in der Weststadt
geschaffen.
Durch eine Kooperation zwischen den Mitarbeiter*innen der OKJA und den
Assistenzkräften/Schulbegleiter*innen des ASB kann den Wünschen und Unterstützungsbedarfe
der teilnehmenden Kinder mit Behinderung Rechnung getragen werden.
Ziel ist die Beseitigung von Zugangsbarrieren. Unterschieden werden hierbei vor allem:
 räumliche und physische Barrieren
 aufgabenbezogene Barrieren
 soziale Barrieren
 sprachliche Barrieren
Im Jugendhaus Insel wird eine bauliche Maßnahme im Bereich der WC-Anlagen stattfinden und
Hilfsmittel wie Rampen, Piktogramme, etc. werden angeschafft.
Die individuellen Bedürfnisse des Kindes werden im Rahmen eines "Kennenlerntages" im Vorfeld
mit den Eltern geklärt. Im Idealfall ist die passende Assistenz mit dabei, die in die Vorbereitung und
Planung einbezogen wird. Das gesamte Personal sollte über ein gewisses Maß an behindertenspezifischem Knowhow verfügen.
Öffnungszeiten und Vertretungsregelungen
Durch die pandemiebedingten Schließungen der Jugendhäuser aber auch vereinzelt durch Ausfälle
oder unbesetzte Stellen in einigen Häuser kam es in den letzten Jahren vermehrt zu Schließtagen.

-7Für viele Kinder und Jugendlichen ist die Verlässlichkeit und die angebotene Kontaktfläche der
Mitarbeitenden in den Häusern von großer Bedeutung. Bei Schwierigkeiten in der Familie,
Unzuverlässigkeiten der Eltern und Konflikten in der Schule, bis hin zu Schulausschlüssen bleibt oft
das Jugendhaus und die Leute dort als einzige verlässliche Konstante.
Aus diesen Erfahrungen heraus wurde eine Vertretungsregelung unter den Häusern Anfang des
Jahres vereinbart und Verfahren zur Information der jungen Menschen im Falle der Schließung
festgelegt.
Aufgrund der Schwierigkeiten beim Finden von Personal und der geringen Zahl von Beschäftigten
in einigen Häusern wird es jedoch auch künftig zu Schließungen kommen.
Die Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit der Stadt Ulm möchten jedoch zuverlässig für
ihre Zielgruppen zugänglich sein. Um dies zu gewährleisten wurde eine Vertretungsregelung unter
Einbezug der Mitarbeitenden erarbeitet. So werden künftig krankheitsbedingte Schließungen der
Jugendhäuser deutlich reduziert.
Grundsätzlich findet eine Vertretung innerhalb des Sozialraums statt.
Projekte oder besondere Veranstaltungen sollen in jedem Fall stattfinden. Deshalb werden diese bei
Bedarf auch sozialraumübergreifend vertreten.
Die Frage wann die Häuser geöffnet haben ist ein zentrales und konfliktreiches Thema. Diese
Öffnungszeiten bestimmen indirekt darüber, welche Altersgruppen der Kinder und Jugendlichen
das Jugendhaus aufsuchen, denn je nach Alter sind andere Besuchszeiten attraktiv. Insbesondere
Jugendliche, die sich in der Ablösephase vom Elternhaus befinden, wollen ihre Freizeit nicht immer
zuhause verbringen.
Die genauen Öffnungszeiten der Einrichtungen sind den Anlagen zu entnehmen.
Jugendliche wünschen sich zudem Öffnungszeiten an den Wochenenden. In der Vergangenheit
wurde deshalb versucht, eine Selbstverwaltung der Jugendhäuser an den Wochenenden zu testen.
Die Erfahrung zeigte allerdings, dass dies in vielen Einrichtungen nicht möglich ist, da vereinbarte
Regeln nicht eingehalten wurden. Durch das Engagement von Eltern ist nur noch das Jugendhaus
Insel am Wochenende selbstverwaltet.
Nach Rücksprache mit den jeweiligen Mitarbeitenden des Jugendhauses finden aber
Veranstaltungen und Ausflüge am Wochenende unter Anwesenheit der Fachkräfte statt.
5. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Offenen Kinder- und
Jugendarbeit der Stadt Ulm
Digitale Medien sind Teil des Alltags junger Menschen. Da die Offene Kinder- und Jugendarbeit
lebensweltorientiert und partizipatorisch arbeitet, wird die Nutzung digitaler Medien und
Netzwerke zunehmend fester Bestandteil dieser.
Soziale Medien verkörpern eine neue Partizipationskultur und ermöglichen jungen Menschen ihre
Interessen und Bedürfnisse in neuen Formen auszudrücken.
Die Einbeziehung digitaler Räume eröffnet Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit, der Kontaktund Beziehungspflege sowie der Beratung und Informationsbeschaffung.
Es benötigt Mut und Begeisterung sich mit einem Thema zu beschäftigen, in dem zumindest aus
technischer Sicht die jungen Menschen den Mitarbeiter*innen meist überlegen sind.
Doch wo liegen die Chancen und Herausforderungen digitaler Beteiligungsmöglichkeiten von
jungen Menschen in der OKJA?

-8Herausforderungen:
 technische Möglichkeiten sollten vorhanden und flexibel nutzbar sein
 klare Grenzen der Erreichbarkeit müssen gesetzt werden (z.B. Zeitfaktor)

fehlende Hardware (Endgeräte) und
Internet (WLAN, mobile Daten) führen zu Benachteiligung und Ausgrenzung

datenschutzrechtliche Lücken sind
vorhanden (z.B. Nutzung WhatsApp)
Chancen
 große Reichweite, wodurch in kurzer Zeit viele junge Menschen erreicht werden können
 schnelle und einfache Kommunikationswege vereinfachen die Formen der Beteiligung, z.B.
Online-Befragung oder Online-Wahlen, wodurch eine höhere Beteiligung möglich wird

gerade im Zusammenhang mit
jungen Geflüchteten ist ein Smartphone ein wichtiges "Teilhabe-Instrument", um mit der
Herkunftsfamilie, Peers bzw. den Mitarbeitenden in Kontakt zu treten (z.B. auch Übersetzer)

Beteiligungsmöglichkeiten innerhalb der Einrichtungen

Was kann mitbestimmt werden?






Programm/Art der Angebote
Raumgestaltung und deren Nutzung
eigene Angebote/Veranstaltungen
planen und durchführen
Anschaffungen
Regeln/Gebote/Verbote

Beteiligung in Ulm
Um ihrem Auftrag gerecht zu werden, wurde eine Online-Umfrage unter den Kindern und
Jugendlichen, die die Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit nutzen, durchgeführt.
Der Fragebogen bestand aus insgesamt 23 Frageblöcken. Neben Fragen zu Geschlecht, Alter und
Wohnort wurde z.B. nach der Freizeitgestaltung gefragt. Insbesondere sollten die Befragten
angeben, welche Angebote und Einrichtungen sie nutzen und was ihnen im Hinblick auf diese
wichtig ist. Damit die Jugendhäuser den Wünschen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen

-9entsprechen, konnte im Fragebogen angegeben werden, was in einem Jugendhaus am wichtigsten
ist, was es geben sollte und wo Veränderungen gewünscht sind.
Auch das Thema Digitalisierung wurde im Fragebogen aufgegriffen, indem gefragt wurde, welche
Medien und social media Plattformen wie oft und zu welchem Zweck genutzt werden. Um ggf.
entsprechende Angebote zu implementieren, wurde zudem erfragt, ob und wenn ja, welche
Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Medien aufgetreten sind.
Der Fragebogen wurde während der Laufzeit vom 06.04.-30.04.2023 von insgesamt 140 Kindern
und Jugendlichen vollständig ausgefüllt, weitere 65 füllten den Fragebogen teilweise aus.
Sprachbarrieren, fehlendes Wissen über das Verwenden eines QR-Codes und dass Kinder rechtlich
nicht ohne ihre Eltern den Fragebogen ausfüllen durften, stellten eine Herausforderung für die
Mitarbeitenden der OKJA dar.
6. Ergebnisse der Beteiligung
Da der Fokus der Drucksache auf den Themen Beteiligung und Digitalisierung liegt, werden im
Folgenden die Antworten und daraus abgeleiteten Handlungsbedarfe in den Jugendhäusern
dargestellt.
Beteiligung
Die Frage, ob sich die Kinder und Jugendlichen aktiv im Jugendhaus engagieren möchten wurde
von 114 Befragten bejaht. Die meisten könnten sich vorstellen, einmal die Woche für ein paar
Stunden zu unterstützen. Im Gespräch zeigte sich den Mitarbeitenden, dass die Bereitschaft zur
Beteiligung, insbesondere bei Personen, die sich dem Jugendhaus zugehörig fühlen, hoch ist.
Abhängig ist die Bereitschaft jedoch von der Tätigkeit, den Interessenslagen und bei Kindern von
der Zustimmung und Unterstützung der Eltern. Lediglich 12 Befragte gaben an, sich eigentlich nicht
aktiv im Jugendhaus engagieren zu wollen.
Das Ergebnis bestätigt die Fachkräfte in ihrer Arbeit in den Jugendhäusern, bereits auf dem
richtigen Weg zu sein. Um den Wünschen der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden, soll die
Beteiligung künftig allerdings weiter verstärkt werden. So soll bspw. im Jugendhaus Eselsberg die
Beteiligung älterer Jugendlicher gestärkt werden indem diese bei Ferienfreizeiten zukünftig mehr
mitarbeiten können. In anderen Jugendhäusern wird dies auf Wunsch der Jugendlichen bereits
praktiziert.
Unterstützen dürfen Schüler*innen bereits an der Theke des Jugendhauses Eselsberg beim
Mittagsverkauf. Der Wunsch hierfür ergab sich insbesondere im persönlichen Gespräch mit den
Mitarbeitenden des Jugendhauses.
Um die Angebote des Jugendhauses Büchse gegenüber der Bürgerschaft in der Stadtmitte
präsenter zu machen, wird diesen Sommer ein Sommerfest stattfinden. Auch hier soll dem
Engagement und dem Wunsch nach Beteiligung der Kinder und Jugendlichen Rechnung getragen
werden, indem sie aktiv in die Organisation und Durchführung des Festes miteinbezogen werden.
Im Jugendhaus Böfingen fand eine Beteiligung aufgrund einiger Vakanzen im Team nur
eingeschränkt statt. Da die Auswertung der Fragebogen in Böfingen zeigt, dass eine Beteiligung
von den jungen Menschen gewünscht wird, soll diese künftig ach ermöglicht werden.
Eine Aktion in der Vergangenheit, bei der die Jugendlichen bereits beteiligt wurden, war die
Einweihung des Sportplatzes in Böfingen, der auf Grund einer Bürgerpetition der Jugendlichen
entstand.
Im Jugendhaus Insel wird Beteiligung eng mit Inklusion verbunden. Aus diesem Grund wird es
dieses Jahr eine Ferienfreizeit geben, an der Kinder und Jugendliche mit Behinderung mit
Unterstützung der Schulbegleitung teilnehmen können.

- 10 -

Die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ermöglichen aber auch Beteiligung
anderer Akteur*innen, indem sie ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. In Wiblingen werden
diese bspw. von der Sägefeldschule im Rahmen einer Schulgala genutzt.
Im Hinblick auf Inklusion, die im Rahmen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes weiter an
Bedeutung gewinnt, müssen sich die Jugendhäuser und Begegnungsstätten weiter öffnen. Zum
einen sind nicht alle Häuser barrierefrei, sodass Menschen mit körperlicher Behinderung dadurch
ausgeschlossen werden, was räumliche Anpassungen nötig macht. Zum anderen müssen die
Angebote auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung angepasst und die Mitarbeitenden
geschult werden, um allen Kindern und Jugendlichen gerecht werden zu können.
Ein gelungenes Beispiel hierfür sind die sog. Inselpartys. Eine Kooperation mit der Lebenshilfe
ermöglicht es Jugendlichen mit Behinderung bereits früher zur Party im Jugendhaus Insel zu
kommen, um bereits "vorzufeiern" bevor weitere Jugendliche dazu stoßen.
Ebenso wird bereits jetzt bei allen Ferienprogrammen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
versucht, diese möglichst inklusiv zu gestalten.
Digitalisierung
Für den Themenblock Digitalisierung wurden unterschiedliche Fragen gestellt. Diese umfassten
sowohl die tägliche Medien- und insbesondere Smartphone Nutzung sowie die Erfahrungen im
Umgang mit diesen.
Die Mehrheit der Befragten gab an Whatsapp (insg. 104 Personen), TikTok (97 Personen) und
Instagram (90 Personen) regelmäßig zu nutzen.
Aktuelle Informationen zu Aktionen und Änderungen werden von fast allen Jugendhäusern via
Instagram veröffentlicht. Zudem wird insbesondere bei den Eltern-Kind-Treffs auf WhatsappGruppen gesetzt. Um die digitalen Medien besser in den Arbeitsalltag zu integrieren, wird eine
Schulung der Mitarbeitenden erfolgen.
Die Social-Media-Kanäle TikTok und Snapchat werden trotz der hohen Nutzung bewusst von den
Mitarbeitenden nicht genutzt, um den Kindern und Jugendlichen einen privaten Raum nur für sich
zu lassen.
Die hohe Anzahl an Nutzer*innen sozialer Medien verdeutlicht, dass es in den Jugendhäusern
verstärkt Angebote und Gespräche im Hinblick auf kritische Inhalte und deren Umgang bedarf.
Insgesamt gaben 79 der Befragten an, schon mal Probleme bei der Nutzung digitaler Medien
gehabt zu haben. Insbesondere wurden "Fake-Profile" und Mobbing benannt.
Zukünftig soll deshalb z.B. im Jugendhaus Eselsberg eine Art "Medienstunde" eingerichtet werden,
in der ein offener Austausch über sämtliche Themen der Digitalisierung möglich ist.
Alle Jugendhäuser werden künftig Medienprobleme verstärkt von einer kritischen Seite betrachten,
Cybermobbing offen besprechen und Aufklärung v.a. auch über informale, unverbindliche
Gespräche gewährleisten.
7. Ausblick
Für die Zukunft der Offenen Kinder- und Jugendarbeit der Stadt Ulm werden große Anstrengungen
nötig sein, freiwerdende Stellen wieder besetzen zu können. In den nächsten beiden Jahren wird
erprobt, ob mit der bestehenden Vertretungsregelung der Betrieb aller Häuser mit den aktuellen
Öffnungszeiten aufrechterhalten werden können.
Aktuell läuft das Wiederbesetzungsverfahren der für den Bereich OKJA sowie Mobile Jugendarbeit
und Schulsozialarbeit verantwortlichen Fachkoordination.
Die Abteilung Soziales beabsichtigt in einem Pilotjugendhaus ab dem Jahr 2024 eine zusätzliche
Stelle zu schaffen, um das Thema Inklusion voranzutreiben. Aufgrund der im Kinder und

- 11 Jugendhilfegesetz geforderten Öffnung der Häuser für Menschen mit Behinderung wird in einem
ersten Schritt an einem Standort diese Öffnung umgesetzt. Hierfür benötigt es Personalkapazitäten
und ein Konzept zum Abbau der sichtbaren und unsichtbaren Barrieren für Kinder und Jugendliche
mit Behinderung. Ein erstes Team setzt sich konzeptionell mit neuen Zugangswegen für diese
Gruppe auseinander und die Fachgruppe der Offenen Kinder- und Jugendarbeit begleitet die
Erfahrungen und Ergebnisse im ersten Jugendhaus.
Aus diesen leiten sich dann die notwendigen Standards und Erfordernisse für den inklusiven Umbau
weiterer Häuser ab. In einem zweiten Schritt wird ein Fahrplan beschrieben, wie die stadtweite
Umsetzung in weiteren Häusern gelingen kann.